Springe zum Inhalt →

Feuilleton Musik 27. Juni 2022

Plattenteller des Monats #Juni 2022

Wie jetzt? Ich war gerade dabei mich über das erste Festival seit zwei Jahren zu freuen. Hatte überlegt ob die Süddeutsche Zeitung Recht hat, wenn sie schreibt, „(…) dass der Sommer von einem diffus-optimistischem Grundgefühl begleitet wird“.

Wollte schreiben, dass das Heartland Festival ein angenehm passender Kaltstart in diese verschobene Saison war. Mit Naturwein aus richtigen Gläsern und libanesischem Frühstück, fühlte man sich fast wie in Kopenhagen, nur das man im Park eines Schlosses saß. Man wurde intellektuell gefordert, bei Talks mit Magret Atwood, Nick Hornby oder Carolin Emcke. Auf Wiesen oder im Wald saß oder tanzte man zu Cat Power, L’imperatice oder Julie Pavon.

Das Beschriebene sollte die Vorfreude auf die vielen kommenden Open-Air Stunden aus den verstaubten Chucks schütteln. Doch dann: Corona Pressekonferenz. Erneut rechnet man im Herbst mit neuer Welle. Maßnahmen sind bereit. Ältere impfen. Say what? Pusteblume.

Gut, dass wir gerade das neue Zelt von der Post geholt und unsere digitalen Kreuzchen im Roskilde Festival Timetable gemacht haben. Also Augen zu und durch?! Es sind noch immer nicht alle verschobenen Konzerte nachgeholt, und jetzt heißt es wieder „if you can´t be good, be carefull und carpe diem.“  

Fontaines D.C. – Skinty Fia (Partisan)

Das dritte Album in drei Jahren von den Iren. Schlägt wieder in die gleiche treibende Postpunk-Kerbe, auch wenn es teilweise etwas bedächtiger und nachdenklicher klingt. Grundstimmung ist düster, die Songs sind eingängig und klaustrophobisch, nicht zuletzt auf Grund Grian Chattens dringlichen Gesangs, der wirkt als halte er immer das zurück, was zwischen den Zeilen und Klängen brummt. Inhaltlich wird sich nicht zurückgehalten, weder vor privatem oder Irlands Versagen und dunkler katholischer Geschichte. Musik für kommende Pandemiewellen und fürs Fäuste in die Luft recken.

 Orville Peck – Bronco (Columbia)

Einer der neueren Darlings in der Plattensammlung. Orville Pecks Queer-Country macht Spaß, ob Regen oder Sonne. Sein zweites richtiges Album kam erst stückchenweise in EPs und dann neulich richtig. Nur original mit dem schwarzen Hengst auf dem Cover. Geändert hat sich zum Debüt-Pony nicht viel, Gottseidank. Wir sind immer noch irgendwo zwischen Elvis und Father John Misty und einem stabilen Nashville-Sound der 1950er und 1960er. Also Blues, Rock, Country mit genügend Schmelz und Schmerz. Loving it! Niemand macht das so herrlich übertrieben und mitsingbar wie Peck.

Guts & Mambo – Beach Diggin’ Vol. 1-5 (Heavenly Sweetness)

Ob Sommer oder nicht, hier wird dir geholfen. Die Freunde Guts und Mambo sind Cratedigger erster Güte und Musiker bzw. Künstler. Zusammen haben sie ihre Plattenregale durchgehört, um die Reihe Beach Diggin zu machen. Darauf ein Soundmix aus älterem Tropcial, Soul, Funk, Latin Jazz, Reggae und wozu man sonst noch Schirmchendrinks trinken möchte. Wenn man nicht selber stundenlang in alten Pappkisten wühlen will um den einen ‚rare Groove‘ zu finden, dann durchsucht man alte (oder neue) Pappkisten nach einer von diesen Ausgaben. Lohnt sich. Unbekanntes aus der ganzen Welt und vergessene Klassiker werden gekonnt platziert. Hier gilt ganz klar mehr ist mehr, jede Ausgabe ist es wert.

 K.O.G – Zone 6, Agege (Heavenly Sweetness)

Zone 6, Agege ist ein Stadtteil in Accra, der Hauptstadt von Ghana. Da kommt K.O.G her und da kommt die bunte, wild sprudelnde und energiegeladene Seele seiner Musik her, die er heute in Sheffield aufnimmt. Zusammen mit einer ebenso sprudelnden Truppe an Jazzern. Tatsächlich hat Guts hier auch seine Finger im Spiel gehabt. Erst Zufall für mich, jetzt geplant. Von der ersten Note an schlägt einem hier gute Laune entgegen, „Sound and stories celebrating Africa…“ wie es im Inneren steht. Modern-Afrobeat würde der Genresticker wohl sagen.

 

Kommentare sind geschlossen.