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Feuilleton Literatur 18. Dezember 2020

Literarisches Sixpack mit Olga Ravn

Als Autorin, Kritikerin, Redakteurin und Übersetzerin ist Olga Ravn eine der markantesten Persönlichkeiten in der dänischen Literaturszene. Im Jahr 2011 erschien ihr Debüt und seitdem wurden mehre ihrer Gedichtbände und Romane zu Bestsellern. Jetzt erscheint sie im Nord Verlag mit Rose werden zum ersten Mal auf Deutsch, ein Gedichtband der Kritiker und Leser in Dänemark vom Arne-Jacobsen-Stuhl riss.

Ravn ist eine absolute Viel- und Alles-Leserin, trotzdem hat sie es geschafft sechs Bücher zu finden die einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Hier kommt ein neues „Literarisches Sixpack.

Ann Jäderlund: Which Once Had Been Meadow

Ann Jäderlund ist eine der größten lebenden Dichterinnen, die wir in Skandinavien haben. Vor ein paar Jahren habe ich eines ihrer Bücher übersetzt, es erschien 2013, und ihr Einfluss auf meine eigenen Bücher, speziell auf Rose werden, ist nicht zu übersehen. Sie kombiniert Sprachmaterialismus mit einer vibrierenden Präzision, und es hat eine Klarheit, vielleicht sogar eine Naivität in ihren Werken, die nicht naiv ist, sondern etwas anderes, und daran kann man sich schneiden.

Paul Griffits: Let Me Tell You

Let Me Tell You ist eine Olipou-artiger Roman, geschrieben aus der Perspektive Ofelias aus Shakespeares Hamlet. Der britische Autor Paul Griffiths hat nur Wörter aus Ofelias Linien benutzt, um den ganzen Roman zu schreiben. Der Text wurde auch in ein Libretto umgeschrieben, für welches der dänische Komponist Hans Abrahamsen die Musik geschrieben hat, gesungen wird es von der Sopranistin Barbara Hannigan. Fucking crazy wild und ein wundervolles Stück Musik.

Patrizia Cavalli: Diese schönen Tage: Ausgewählte Gedichte 1974-2006

Ich bin immer auf der Jagd nach Autoren und Werken die off the beaten track sind. Oder jedenfalls off für mich, die eine eher primäre skandinavische Leserin ist. Patrizia Cavallis Gedichte – dieser Band hier versammelt Gedichte aus mehreren Jahrzehnten – wohnt diese gewisse Musikalität inne, eine Schlichtheit und vielleicht auch Coolness, die mich jedes Mal wenn ich sie lese zum Schreiben inspiriert. Außerdem sind es wirklich gute lesbische Liebesgedichte, oder eher Selbstporträts einer lesbischen Verführerin. Ich liebe sie.

Han Kang: Die Vegetarierin

Die Vegetarierin ist eines der Bücher, das noch lange nachdem ich es gelesen hatte in mir weitergelebt hat. Es ist in drei Teile unterteilt, in denen drei Familienmitglieder von einer vierten Person erzählen, dem eigentlichen Hauptcharakter des Buches. Eine Frau die sich erst dazu entschließt Vegetarierin zu werden und dann dazu, sich in einen Baum zu verwandeln. Es gibt einen Verdacht am Menschlichem im Buch, der nicht misanthropisch ist, sondern mehr als ein Sehnen nach Erde und Wurzeln zum Ausdruck kommt. Nachdem ich es gelesen hatte, sah ich plötzlich überall das Motiv „Frau wird Baum“ und verstand, dass es ein zentrales mystisches Bild in unserer Kultur ist. Ich hoffe, dass der Nobelpreis auf Han Kang wartet.

Shirley Jackson: Nicht von schlechten Eltern

Das hier war mein go-to Buch in 2020. Jackson ist am bekanntesten für ihre Horror-Meisterwerke, schrieb aber auch eine Menge Kolumnen über ihre vier Kinder, um Geld zu verdienen. Irgendwann sammelte sie alle in einem einzigen Band, auf den ihre fancy Leserschaft herabblickte, der aber natürlich eine Riesenerfolg wurde. I fucking love it. Alle Bücher von Jackson handeln von einer Frau  die in einem großen Haus gefangen ist, und dieses ist keine Ausnahme. Man findet zwar ihren ganzen Humor, Okkultismus und ihre Musikalität wieder, doch sie schreibt hier aus der Hüfte heraus. Wenn man kleine Kinder hat, und vielleicht fühlt, dass man unordentlicher ist als der Durchschnitt, dann sollte man sich hierauf stürzen. Mommy Blogging, wenn es von Persephone aus dem Hades geschrieben worden wäre.

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