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Feuilleton Musik 24. September 2015

11 Fragen an The BossHoss

Schwitzende Cowboys, die von (halb-)nackten Wüsten-Amazonen gefangen genommen wurden, und nun in einem staubigen Wohnmobil an den Heizkörper gekettet die Flucht planen. Was nach der Anfangsszene eines Streifens von Quentin Tarantino oder Russ Meyer klingt, ist der Plot des Musikvideos zu Dos Bros, aktuelle Single und Titel des gleichnamigen Doppelalbums von The BossHoss.

Die Berliner Country-Rocker bestreiten damit ihr mittlerweile neuntes Studioalbum und feiern gleichzeitig das zehnjährige Bestehen der Band. Mit acht Platin-Longplayern, vielen ausverkauften Hallentourneen, zahllosen Auftritten auf den wichtigsten nationalen und internationalen Festivals sowie diversen Auszeichnungen können The BossHoss eine ganze Reihe großer Erfolge vorweisen. Darüber hinaus waren die Frontmänner Sascha Vollmer aka Hoss Power und Alec Völkel aka Boss Burns mehrmals als Juroren für die TV-Casting-Show The Voice of Germany im Einsatz.

Für Blog Bohème stellten sich beide unseren 11 Fragen über die letzten zehn Jahre und die neue Platte. Dabei verrieten sie uns auch, welche Rock n‘ Roll-Anekdoten sie als Opas ihren Enkeln erzählen werden und warum sie selbst nicht bei Casting Shows vorsingen würden.

Dos Bros: Alec Völkel aka Boss Burns und Sascha Vollmer aka Hoss Power; Foto Credits: Olaf Heine/ Universal Music
Dos Bros: Alec Völkel aka Boss Burns und Sascha Vollmer aka Hoss Power; Foto Credits: Olaf Heine/ Universal Music

Carrera Bahn oder Porsche fahren?

Sascha: Carrera Bahn.

Alec: So ein alter Porsche ist schon auch geil.

Fitness oder Feiern?

Sascha: Feiern.

Die letzte Frage ist entschärft. Vorher lautete sie: Fitness oder Fummeln?

Beide: Fummeln – nichts lieber als das.

Wie einst die glorreichen Sieben: Die Band The BossHoss; Foto Credits: Olaf Heine/ Universal Music
Wie einst die glorreichen Sieben: Die Band The BossHoss; Foto Credits: Olaf Heine/ Universal Music

Ihr macht jetzt seit zehn Jahren gemeinsam Musik. Wir erinnern uns noch an einen eurer ersten Hits, das Langnese-Werbe-Cover „Like ice in the sunshine“. Wie sah die Geburtsstunde von The BossHoss aus? Eine Schnapsidee?

Alec: Das war wirklich eine Schnapsidee. Und ist auch klassisch am Tresen entstanden.

Sascha: Genau. Das war zwar nicht so eine Stunde, von der man sagen kann, die war genau dann und dann. Also nicht so, wie wenn wirklich ein Kind geboren wird. Es war eher ein Prozess. Wir haben uns fast täglich am Tresen getroffen und ein Feierabendbierchen getrunken. Das haben wir dann irgendwann ausgebaut, indem wir mit einem Bier auf meinen Dachboden sind. Der war praktischerweise nebenan von der Kneipe, in dem Haus, in dem ich damals gewohnt habe. Da hatte ich ein kleines Studio. Und wir haben einfach gemeinsam Musik gemacht. Ganz simpel mit Gitarre, ohne irgendwelche Texte, nur so zum Spaß. Als wir uns dann wieder am Tresen trafen, haben wir gesagt: Lass mal wieder mucken.

Alec: Dann sind wir auch echt bald auf Country gekommen.

Sascha: Genau – wenn auch erst nach dem vierten Bier. Dann haben wir beschlossen, es ernsthaft mit der Musik auszuprobieren und kamen auf die Idee mit den Covers im Country-Style. Ich war ja vorher bereits mit meiner alten Band in ähnlichen Genres wie Rockabilly und Blues unterwegs und wusste also bereits wie der Shuffle funktioniert. Das war schon mal ganz gut.

Heute liefert ihr einen Chart-Hit nach dem anderen ab: Dos Bros, eure aktuelle Single vom gleichnamigen Album, ist ebenfalls ein ziemlicher Gassenhauer. Praktischerweise steht auch das Münchner Oktoberfest vor der Tür. Wollt ihr euren Song im Wiesn-Zelt hören?

Alec: Unbedingt. Ok. Zugegeben: Ich war noch nie auf dem Oktoberfest. Wäre das dann überhaupt ein Kompliment? Oder ist da eher Ballermann angesagt?

Sascha: Egal. Das wäre schon voll ok für uns.

Alec: Jo. „Dos Bros“ in einer bayerischen Bierzeltblaskapellenversion – das wäre bestimmt ganz geil.

Auf der Flucht: Alec und Sascha im Video zu Dos Bros; Foto Credits: Olaf Heine/ Universal Music
Auf der Flucht: Alec und Sascha im Video zu Dos Bros; Foto Credits: Olaf Heine/ Universal Music

Der Song handelt ja von zwei richtig coolen Brüdern, die die Ansage machen: „Don’t ever think you’re the first one who did it. Dos Bros, Dos Bros dit it.“ Das erinnert ja schon fast an amerikanischen Battle Rap – worin haben The BossHoss anderen deutschen Bands etwas voraus?

Sascha: Man muss sagen, die Ansage ist schon ganz klar auf uns bezogen. The BossHoss gibt es jetzt 10 Jahre lang. Da hat man meiner Meinung nach vielen Bands was voraus. Wir haben viele Künstler kommen und gehen sehen. Viele davon waren super hip, hatten Nummer-Eins-Singles in den Charts, waren dann aber schnell auch wieder weg vom Fenster. Zum Beispiel Tokio Hotel, die zeitgleich mit uns starteten. Die waren sogar mal unsere Vorband. Damals waren sie rasend schnell die erfolgreichste Band in Deutschland, wenn nicht sogar in ganz Europa. Heute sieht das schon ein bisschen anders aus. Deswegen haben wir gesagt, zehn Jahre eine Band zu halten, ist nicht selbstverständlich. Darum auch die Lobeshymne „Dos Bros“ auf die Band, mit all ihren Mitgliedern. Natürlich hatten wir auch harte Zeiten und es ist nicht immer alles Gold was glänzt. Die Musik-Branche ist nach wie vor schwierig und man hat viel zu kämpfen. Auch das will der Song ausdrücken: wir sind immer noch da und konnten uns behaupten. Nichts kann uns aufhalten. Und bei allem Augenzwinkern – da steckt schon einiges an Wahrheit und Persönlichkeit in dem Song.

Ihr wart jüngst als Vorband von Motörhead in den USA. Das ist sicher eine tolle Anekdote, auf die sich bestimmt irgendwann mal eure Enkel freuen dürften. Wenn die Opas Boss und Hoss von früher erzählen: Welche weiteren Rock n‘ Roll Episoden würdet ihr dann auspacken?

Alec: Da gibt es diverse Geschichten. Ellenlange Nächte in Tour-Bussen, legendäre After-Show-Partys. Bestimmt auch Begegnungen wie mit Lemmy von Motörhead.

Sascha: Natürlich unsere Australien-Tour. Das Soundwave-Festival, ein Rock-Festival das geschlossen und mit komplett gleichem Line Up über den ganzen Kontinent tourt. Da fährt man nicht, sondern fliegt von Stadt zu Stadt. Sydney, Perth, Adelaide und Melbourne. Man sitzt dann in einem Flieger voll mit Bands wie Green Day oder Placebo. Das ist schon aufregend und wir waren stolz, ein Teil davon zu sein. Wir sind schließlich auch selber Fans von einigen der Bands, die da an Bord waren. Auch unsere gewonnenen Preise wie beispielsweise der ECHO, diverse Goldene Schallplatten und einige Top-Chartplatzierungen werden bestimmt so Stories sein, die mit dem Enkel auf dem Schoß zum Besten gegeben werden. Dann heißt es bestimmt: „Oma! Opa erzählt schon wieder von früher.“

Zwei wie Pech und Schwefel: Alec und Sascha im Video zu Dos Bros; Foto Credits: Olaf Heine/ Universal Music
Zwei wie Pech und Schwefel: Alec und Sascha im Video zu Dos Bros; Foto Credits: Olaf Heine/ Universal Music

Zurück zur Musik. Auf der zweiten Scheibe eures Doppelalbums „Dos Bros“ bleibt ihr der Cover-Band treu. Darunter sind auch einige Duette wie zum Beispiel „No Diggity“ mit Xavier Naidoo. Welche Duette zählen für euch zu den besten der Musikgeschichte?

Sascha: Lee Hazlewood und Nancy Sinatra mit „Summer Wine“.

Alec: Das ist fett. Echt große Nummer. Aber wen gab es denn da noch? Elvis? Hat der Duette gemacht?

Sascha: Bestimmt mit seinen Schauspielerkolleginnen aus den 60ern.

Alec: Ah, jetzt: Cindy und Bert! „Der Hund von Baskerville“. Großartig – ein Black Sabbath Cover auf Deutsch.

Für die jüngste Platte wart ihr auch in der Wiege des Country Nashville/Tennessee unterwegs. Der Song „Tennessee Woman“ trägt die Reise im Namen. War es dort so, wie ihr es euch in euren Western-Träumen immer vorgestellt habt?

Alec: Ich hab mir das ehrlicherweise viel romantischer vorgestellt. In meiner Fantasie dachte ich da schon mehr an eine echte Oldschool-Country-Town mit Holzhütten, die alle eine Veranda vorne dran haben. In echt ist das eine ziemlich normale, mittelgroße amerikanische Stadt mit Up- und Downtown. Der Broadway mit der Main Road ist aber auf jeden Fall eine Schau. Eine Bar an der anderen, überall Country-Musik und Live-Bands.

Sascha: Vor ein paar Jahren waren wir auch in Texas. Da dachten wir: Texas. Ok. Willkommen im Country-Cowboy-Land. So wie im Western mit Cowboys auf der Straße und so. Klar, die Realität ist natürlich ganz anders. Eine typische amerikanische Großstadt mit Wolkenkratzern und keine Pferde vor der Bar oder Tumbleweeds, die über die Straße wehen. Was aber an Nashville oder Texas auf jeden Fall besonders ist, ist die kreative, alternative Musikszene. Das sind nicht umsonst die musikalischen Zentren der USA. Hier atmet man einen ganz eigenen musikalischen Spirit. Und Realität und Fantasie finden dort dann doch irgendwie zusammen. So haben wir beispielsweise in Clubs gespielt, in denen Buddy Holly auf der Bühne stand oder waren in Studios, in denen bereits Elvis seine Songs produziert hat. Das war schon wahnsinnig beeindruckend und inspirierend.

Urban Cowboys; Foto Credits: Olaf Heine/ Universal Music
Urban Cowboys; Foto Credits: Olaf Heine/ Universal Music

Ihr seid die Helden vieler Jugendlicher, die in Casting Shows ganz groß raus kommen wollen. Wärt ihr nochmal jung – würdet ihr euer Glück auch in Casting-Shows versuchen?

Alec: Da hingehen und da singen? Nö. Würde ich nicht. Aber das liegt nicht unbedingt am jung sein. Wir finden, dass das Traumziel Musik zu machen, anders angegangen werden sollte, als sich in einer TV-Show zum Pop-Star zu bewerben. Das ist ja kein Berufswunsch, wo man zum Bewerbungsgespräch geht und dann bestenfalls die Stelle kriegt. Musik macht man, weil man es vom Herzen her muss. Die ersten Schritte müssen im Keller, im Proberaum stattfinden. Das braucht Jahre und viel Erfahrung. Die sammelt man am besten durchs Spielen – egal ob nur für sich, vor ein paar Leuten oder in kleinen Clubs.

Sascha: Wir selbst sind ja auch keine Übersänger, die über drei Oktaven singen können. Wir bedienen eher einen bestimmten Style und können nur das singen, was wir wollen. Boss und Hoss würden also vermutlich bei solchen Shows selber nicht weiterkommen – ähnlich wie ein Kurt Cobain oder auch ein Bob Dylan, deren Stimmen in kein bestimmtes Raster passen aber trotzdem einzigartig sind. Es gibt aber sicherlich auch gute Sänger und Sängerinnen, denen solche Plattformen beim Weiterkommen helfen. Seien es das Netzwerk, bessere Engagements oder höhere Gagen. Vor diesem Hintergrund haben solche Formate und TV-Shows auch ihre Berechtigung.

Interessant, dass ihr Bob Dylan nennt. Seine Texte zeichnen sich ja durch eine sozialkritische Dimension aus. The BossHoss sind coole Typen, unterhalten mit fetzigen Sounds und machen vor allem Spaß. Gibt es bei euch auch gesellschaftskritische Elemente?

Alec: Wir sind auf jeden Fall keine Band, die durch Musik und Text große Botschaften mit dem Zeigefinger adressiert. Wir engagieren uns persönlich sowie als Musiker und sind im Denken und Handeln politische Menschen. Zu belehren, überlassen wir anderen.

Sascha: Kritik schimmert schon ab und an in unseren Texten durch. Aber halt nicht: „Hört, hört, jetzt werden wir politisch.“ Wie das aussehen kann, lässt sich beispielsweise an dem Song „Liberty of Action“ erkennen, wo es um die Rolle von Fremd- und Selbstbestimmung im Leben geht. In einem unserer frühestens Songs „Monkey Business“ haben wir uns mit fragwürdigen Verhältnissen innerhalb der Musikindustrie auseinandergesetzt. Ansonsten findet Gesellschaftskritik und politisches Engagement hauptsächlich in unserem Privatleben und hinter der Band statt.

Das neue Album „Dos Bros“ von The BossHoss erscheint am 25.09.2015 bei Universal Music.

 

 

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