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Feuilleton 30. September 2015

Zehn Jahre Berghain: Kunst im Klub

Legendäre Partys und angeblich die härteste Tür der Welt: wer vom Berghain hört, hat sofort etliche Mythen im Kopf. Auch wenn man selbst noch gar nicht dort gewesen ist. Vergangenes Jahr ist der weltberühmte Techno-Club zehn Jahre alt geworden. Doch das Berghain ist mehr als eine Kathedrale des nächtlichen Exzesses und schweißtreibenden Partys. Ja, vielmehr ist das Berghain Kunst und zugleich Ausstellungshalle. Ein „Dreigestirn aus Musik, Kunst und Club“. Wolfgang Tillmans sagte einst: „Das Berghain ist ein Ort, an dem man nicht feiert, sondern ausgeht.“ 

Wer schon mal das ehemalige Heizkraftwerk von innen gesehen hat, wird das bestätigen können. Berghain ist deutlich mehr als nur Saufen, Drogen und Sex. Das Berghain ist ein Ort – auch wenn man das nicht denken könnte – an dem man zu sich kommen kann. Kein Wunder also, dass das Berghain nicht nur ein Hort für Techno-Freaks, Darkroom-Liebhaber und Touristen ist, sondern auch für Künstler.

Berghain - Viron Erol Vert, Ausstellungsansicht: Metropolis 1, Berghain, Foto: © Zsu Szabo
Berghain – Viron Erol Vert, Ausstellungsansicht: Metropolis 1, Berghain, Foto: © Zsu Szabo

Das Buch „Berghain. Kunst im Klub“, welches kürzlich im Hatje Cantz Verlag erschienen ist, betrachtet die Verbindung aus Kunst und Klubcultur. Der knapp 200 Seiten schwere Sammelband bringt all diejenigen zusammen, die sich seit 2004 um die visuelle Gestaltung des umgebauten Heizkraftwerks verdient gemacht haben, und dokumentiert ihre Beiträge in Interviews, Texten und Bildern: vom Fotokünstler Tillmanns über Klang-Ästhet Carsten Nicolai, sowie die Maler Norbert Bisky und Marc Brandenburg, als auch die Tänzer vom Berliner Staatsballett.

„Vor dem rohen Beton des ehemaligen Kraftwerks finden sich pointierte Werke namhafter Künstler: Der Tanzteppich, die inzwischen zur kinetischen Skulptur umfunktionierte Arbeit von Norbert Bisky, ist bekannt aus dem Ballett MASSE. (…) Marc Brandenburg zeichnete Motive für temporäre Tattoos – in einem Kunstkiosk in der Halle am Berghain ausgestellt. Ali Kepenek setzte Fotos aus den Serien Eastside und Istanbul gegeneinander. Sven Marquardt steuerte ebenfalls Fotos bei – die Models sind seine Kollegen –, Sarah Schönfeld eine ausgefallene Kunst-Lampe. Piotr Nathan widmete sich in seinen Arbeiten dem Thema Rausch, Carsten Nicolai machte die Hitze des Kraftwerks sichtbar. Friederike von Rauch fotografierte Strukturen im noch ungenutzten Gebäude und Viron Erol Vert schließlich entwickelte eine begehbare, irrgartenartige Installation – einen raumgreifenden Garten der Lüste. Wolfgang Tillmans ist mit unverwechselbaren Arbeiten in der ständigen Sammlung vertreten.“

Norbert Bisky, Tanzteppich, VG Bild-Kunst, Bonn, 2014, Photo: © Szu Szabó
Norbert Bisky, Tanzteppich, VG Bild-Kunst, Bonn, 2014, Photo: © Szu Szabó

Das Berghain – solange es exisitiert – wird immer ein Ort bleiben, der sich neu erfindet. Und ein Hort, um zu sich finden zu können. Auf weitere zehn Jahre.


Berghain
Kunst im Klub

Hrsg. Berghain Ostgut GmbH, Texte von Jens Balzer, Dorothée Brill, Stefan Goldmann, Hanno Hinkelbein, Jan Kedves, Thomas Meinecke, Thilo Schneider, Jürgen Wronski u.a., Gestaltung von Yusuf Etiman

Deutsch, Englisch, 2015. 208 Seiten, 218 Abb., 37,00 Euro

 

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