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Best Of Europa Travel Tschechien 17. Juli 2020

Karlsbad und Marienbad: Kuren wie Goethe?

Das tschechische Karlsbad und Marienbad sind weltweit bekannt für deren wertvolles Mineralwasser, das aus 2000 Meter Tiefe sprudelt. Und die damit verbundenen Trinkkuren, die bereits seit Jahrhunderten gesundheitliche Probleme wie Erkrankungen des Verdauungssystems, Stoffwechselstörungen, Parodontose sowie Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates unzähliger Menschen linderten. Doch auch ohne körperliches Gebrechen lohnt sich eine Reise in die Karlsbader Region.

Karlsbad ist ein städtebauliches Juwel, der Großteil der Gebäude wurden nach der Wende umfangreich renoviert und saniert und vermutlich auch eine große Summe Geld russischer Unternehmer auf diese Art gewaschen. Normalerweise ziehen Scharen von Touristen durch die Stadt, aufgrund von Covid-19 ist alles anders. Manche Hotels haben gar nicht geöffnet, beispielsweise das Hotel Imperial, das über der Stadt thront und sich ausschließlich auf russische Gäste fokussiert. Und jene russischen Gäste, selbst mit Privatjet aufgrund bestehender Reisebeschränkungen nicht nach Karlsbad fliegen dürfen. Andere Hotels hingegen sind so gut gebucht, dass in den nächsten Wochen keine freien Zimmer mehr zu haben sind.

In den Schaufenstern der Juweliere und Edelboutiquen findet sich stellenweise ausschließlich Reklame mit kyrillischen Buchstaben und Preisen, die schwindlig machen. Auf der anderen Seite finden sich aber auch unzählige Souvenirshops, die die berühmten Karlsbader Trinkbecher, leider größtenteils „Made in China“, für wenige Tschechische Kronen verkaufen. Und Softeisbuden, überzuckertes Trdelník sowie selbstverständlich Oblaten in zahlreichen Geschmacksrichtungen und Bier von Pilsner Urquell,

Am Ende der „Alten Wiese“, Karlsbads älteste Straße direkt am Fluß Teplá und zugleich Fußgängerzone, liegt das Grandhotel Pupp aus dem Jahr 1701, das sich über mehrere Gebäude erstreckt und erahnen lässt, wie reich Karlsbad einst gewesen sein muss.

© Michael André Ankermüller Grandhotel Pupp

Umso weniger verwunderlich, dass das Grandhotel vor einigen Jahren als Kulisse für den James Bond 007 Film „Casino Royale“ diente und gleichzeitig Schauplatz für die jährlichen Filmfestspiele in Karlsbad ist, die leider aufgrund von Covid-19 in diesem Jahr abgesagt werden mussten.

Wunderschön ist auch die russisch-orthodoxe Kirche unweit des Stadtzentrums, die sich mit ihren goldenen Zwiebeltürmen in die Märchenwelt und Zuckerbäcker-Architektur Karlsbads perfekt einfügt. Doch schön ist eigentlich alles in Karlsbad. Abgesehen von dem 16-stöckigen Hotelhochhaus „Thermal“, das durch seine funktionalistische Baustil das nahezu perfekte und märchenhafte Stadtbild Karlsbads platzen lässt-

Promeniert wird durch die verschiedenen Trinkhallen der Stadt, kurz Kolonnaden. Angefangen mit der Mühlbrunnenkolonnade mit ihren 124 Säulen, die ganz in Holz errichtete Marktkolonnade und die Jugendstil-Kolonnade der Schlossquelle, ein architektonisches Kleinod der Stadt. Etwas weniger gelungen ist die Halle (eine sozialistische Bausünde), die die größte Quelle Karlsbads, den sogenannten „Sprudel“ beherbergt.

Die beste Aussicht auf die Stadt bekommt man vom Aussichtsturm Diana, der in wenigen Minuten mit der Seilbahn zu erreichen ist. Spätestens von dort oben, wird einem schnell klar, wie wunderschön Karlsbad, dessen Architektur und die benachbarten Wälder eigentlich ist. Und weshalb namhafte Intellektuelle wie Goethe, Beethoven, Chopin oder auch Kanzler Metternich, Kaiser Franz Joseph sowie Dichter wie Turjenjew und Gogol nach Karlsbad kamen.

Kulinarisch geht es in Karlsbad, wie auch im Rest des Landes, ziemlich deftig zu. Beispielsweise findet man auf zahlreichen Speisekarten Gulaschsuppe, die in einem ganzen, aufgeschnittenem Laib Brot serviert wird. Oder Smazak, gebratener Käse, paniert wie ein Schnitzel mit Kroketten und Sauce Tartare. Ein modern interpretierte, tschechische Küche gibt es beispielsweise im Restaurant Amadeus im Olympic Palace. Ein Glück, dass der Magenlikör Becherovka, im Volksmund „Quelle Nr.13“ ebenso ursprünglich aus Karlsbad kommt.

Etwa eine Stunde von Karlsbad entfernt, befindet sich Marienbad. Auch das dortige Quellwasser machte die Stadt weltberühmt. Durstige Kurgäste flanieren dort mit ihren Schnabeltassen durch den Kurpark, ein wundervoller englischer Landschaftsgarten, auf dem Weg zum Kreuzbrunnen, der sich in einem klassizistischen Tempel befindet. Auch in Marienbad haut einen – so könnte man sagen – die Architektur der gelb und orangefarbenen Zuckerbäcker-Hotels um. Das Klientel ist vorwiegend älter, man dürfe eben nicht vergessen, dass Marienbad ein reiner Kurort ist.

Discos und Clubs sucht man hier vergeblich, Ruhe und leichte Wanderwege hingegen dafür reichlich. Die jüngere Generation hingegen arbeitet in den zahlreichen Hotels. Umhauen tut einen auch der verwahrloste Klebelsbergsche Palais hoch am Hang über dem Kreuzbrunnen, der seit Ende der 1990er Jahre auf seine Renovierung wartet.

Auch Marienbad war, ähnlich wie Karlsbad, im 19. Jahrhundert ein absoluter Sehnsuchtsort und nur für die Elite bezahlbar. Der englische König Edward VII. reiste dorthin, ebenso Richard Wagner, Jan Neruda, Friedrich Nietzsche, Mark Twain und Stefan Zweig.

Warum soll sich aber nun eine Reise nach Marienbad und Karlsbad lohnen, wenn man doch gar nicht zur Kur müsse? Vermutlich, weil das Intermezzo aus Kitsch, umwerfender Architektur, historischem Verfall sowie Historie im Allgemeinen und die Absonderlichkeiten des Kurens in unserer immer schneller werdenden Welt, einzigartig sind. Und man ein Mineralbad mit natürlicher Kohlensäure mindestens einmal in seinem Leben genommen haben sollte. Am besten in der königlichen Badekabine des 5-Sterne- Hotels „Nové Lázně“. Und wem das Quellwasser doch nicht mundet, kann immer noch auf kühles tschechisches Bier umsteigen.

Dieser Beitrag ist in Kooperation mit CzechTourism und der Karlsbader Region entstanden. Der vorliegende Beitrag spiegelt die persönliche Meinung des Autors wider. 

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