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Food Lifestyle 7. November 2019

Inspired by Jannik Zinkl und Tilman Marquart von Pfeffer & Frost

Jeder liebt Lebkuchen und gerade zur Weihnachtszeit sind die runden Küchlein ein deutscher Exportschlager. Dafür braucht man nicht viel, die Grundzutaten sind Mehl, Eier und Honig. Dazu werden noch Mandeln, Nüsse, Marzipan und allerlei Gewürze gemischt. Die Tradition des Lebkuchens ist lang. In Zeiten der Antike wurde dem Lebkuchen eine heilende Wirkung nachgesagt. Heute gehören sie, ob gesund oder nicht, als Weihnachtsgebäck zum Winter dazu. Bekannt für die Heimat des Lebkuchens ist Nürnberg. Auch wenn hier der Lebkuchen eigentlich nicht herkommt, sondern ursprünglich in einem Kloster in Ulm erstmals gebacken wurde, sind die Nürnberger bekannt für ihre guten Lebküchnereien.

Mit dem Ansatz, die traditionellen Lebkuchendosen moderner und nachhaltiger zu interpretieren, haben Jannik Zinkl und Tilman Marquart das Unternehmen Pfeffer & Frost gegründet. Pfeffer & Frost kooperiert jedes Jahr mit diversen Künstlern, die die Dosen mit illustrierten Charakteren verschönern und ein somit ein besonderes Geschenk für Freunde, Verwandte und Kunden ist. Die Lebkuchen stammen aus der Traditionsbäckerei Bock. Wir sprachen mit den beiden Gründern über ihren beruflichen Hintergrund, die Hürden, die eine Neugründung mit sich bringen und was sie mit dem Nürnberger Lebkuchen verbinden.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen Pfeffer & Frost zu gründen und das Image des Lebkuchens in einem modernen Kontext zu interpretieren?

JZ (Jannik Zinkl): Moritz Bock und seine Familien kenne ich schon seit der Schulzeit. Schon damals haben wir gerne Lebkuchen genascht. Während des Informatikstudiums habe ich dann Til kennengelernt und eines abends hatten wir die Schnapsidee den Lebkuchen moderner, ohne die typische Burg-Silhouette, zu verpacken.

TM (Tilman Marquart): Wer in Nürnberg lebt, kommt um Lebkuchen nicht herum. Er ist überall, wenn man im Winter durch die Altstadt läuft. Allerdings habe ich selbst nie eine Dose verschenkt. Wer die angestaubten Blechdosen mit Nürnberger Burg kennt wird wissen warum. Aber zu sehen, was bei einer echten Bäckerei alles dahintersteckt und wie viel besser die Lebkuchen eines kleinen Betriebs gegenüber den Lebkuchen aus dem Supermarkt schmecken, hat uns dann dazu motiviert selbst etwas Neues auf die Beine zu stellen. Wir wollten den Lebkuchen aus seiner angestaubten Blechdose holen und so hip und nachhaltig machen, dass wir ihn auch selbst verschenken würden.
JZ: Meine Schwester hat uns dann ELLIJOT empfohlen. Gemeinsam mit der Agentur haben wir eine nachhaltige Strategie, das farbenfrohe Design und eine plastikfreie Verpackung entwickelt.

Habt ihr das Backhandwerk denn selbst gelernt?

TM: wir sind beide Informatiker und haben keinerlei Ausbildung im Backhandwerk. Das hat uns geholfen, verschiedene Probleme nicht durch die „Bäckerbrille“ zu betrachten, sondern komplett objektiv aus der Kundenperspektive. Backstube, Prozess und Zutaten kennen wir natürlich, überlassen aber die Produktion den Profis. Über 100 Jahre Erfahrung als Familienbetrieb im Bäcker- und Konditorenhandwerk wären auch nicht leicht einzuholen. Aber im Degustieren sind wir ganz groß.

Nachhaltigkeit spielt in jeder Branche eine wichtige Rolle. Woher bezieht ihr eure Zutaten und wie sorgt ihr für ein nachhaltigeres Backhandwerk?

TM: Unser Bäcker bezieht alle Zutaten über die BÄKO, eine Genossenschaft, die im Interesse von vielen Bäckern und Konditoren ihre Zutaten von Rohstoffproduzenten einkauft. Dabei wird regional wann immer möglich, aber auch international eingekauft, da einige der exotischen Gewürze die man für einen Lebkuchen braucht leider nicht in Deutschland wachsen. Mehr Nachhaltigkeit in den Lebkuchenmarkt zu bringen war von Anfang an unser Ziel. Einfach ist das allerdings nicht, da zum Beispiel unsere kompostierbare Folie aktuell locker das 10fache einer konventionell eingesetzten Plastikfolie kostet. Wir sehen uns derzeit als „sustainable in progress“: Wir unterstützen einen traditionellen, unabhängigen Bäckerbetrieb, in dem wir seiner Arbeit mehr Anerkennung verschaffen. Wir verpacken die Lebkuchen in einer kompostierbaren Folie statt in Plastik. Außerdem arbeiten wir mit diversen Illustratoren an Dosen, die man entweder das ganze Jahr nutzen oder ganz leicht über die Altpapiertonne der Kreislaufwirtschaft zurückführen kann. Unser nächstes großes Ziel ist unter anderem unsere Zutaten auf bio umstellen zu können.

Der Beginn der Selbständigkeit ist in der Regel mit sehr viel Trial & Error verbunden. Was waren die größten Hürden aber auch schönsten Momente während der Entstehungsphase von Pfeffer & Frost?

JZ: Bei der Verpackung haben wir bei Null angefangen und erst nach langer Internetrecherche, vielen Telefonaten und Messebesuchen eine (industriell) kompostierbar Folie aus nachwachsenden Rohstoffen gefunden (Maisstärke+Zellulose). Nachhaltige Verpackungsmaterialien sind immer noch viel teurer und auf Grund der bisher geringen Nachfrage schwer zu bekommen. Aber einer muss eben den Anfang machen, auch wenn es ein finanzielles Risiko und einen großen Zeitaufwand bedeutet. Echt hart war beispielsweise in freudiger Erwartung unsere erste Lieferung Dosen zu erhalten und dann festzustellen, dass viele Dosen zerkratzt waren. Doch auch dieses Problem lies sich mit Kreativität und Engagement lösen. Die Dosen zweiter Wahl haben wir an „mit Ecken und Kanten“ abgegeben. (Jessica und ihr Team geben Produkten die komplett in Ordnung sind, aber mit kleinen Fehlern produziert wurden, eine zweite Chance). Unsere schönsten Erlebnisse haben wir immer im echten Leben: Letztes Jahr hatten wir auf einem Foodie-Weihnachtsmarkt einen Stand und uns sehr über das direkte und tolle Feedback zu den Dosen, Folien und Lebkuchen gefreut. Familie Bock war auch kurz da und ganz ergriffen von der Wertschätzung ihrer Arbeit. Das war für alle toll.

TM: Ganz besonders freuen wir uns auch, unsere Dosen in unseren Lieblingscafés hier in Nürnberg zu sehen. Und als letztes Jahr Gastdozenten unserer Uni Pfeffer & Frost Lebkuchen als Dankeschön für Vorträge erhalten haben, hat uns das sehr stolz gemacht.

Ihr konntet mit der Gründung von Pfeffer & Frost viele Erfahrungen sammeln, was würdet ihr anderen empfehlen, die mit einer Idee durchstarten wollen?

JZ: Sich zuerst die richtigen Partner suchen und dann einfach loslegen. Unsere Ideen entwickeln sich ständig weiter. Vor allem durch Nachfragen unserer Kunden. Man muss also gut zuhören und flexibel bleiben. Ich würde sagen je breiter das Team aufgestellt ist, desto mehr kann man wuppen. Aber nicht nur Motivation sondern auch Erfahrung sind wichtig. Nicht zuletzt dank der Expertise von ELLIJOT und unserer Foodfotografin Katharina hatten wir einen super Launch, trotz geringen Start-up-Budgets.

Für das Design der Dosen kooperiert ihr jedes Jahr mit Illustratoren. Wie entdeckt ihr neue Künstler und was ist euch beim Design und der visuellen Gestaltung eures Labels wichtig?

TM: Das ganze Jahr über sammeln alle aus dem Team potentielle Illustratorinnen und Illustratoren und wir entscheiden im Winter gemeinsam wer geeignet ist, die nächste Dose zu illustrieren. Vor allem über Instagram und Pinterest, aber auch über die Newsletter der Agenten stellen wir unsere Auswahl zusammen. Wir schauen vor allem ob die Illustratorinnen bereits häufiger Personen gezeichnet und Charaktere entwickelt haben. Erste Erfahrungen im Bereich Package Design sind hierbei nice to have, aber absolut keine Notwendigkeit, da der Aufbau unserer Dose nicht sonderlich kompliziert ist. Außerdem schauen wir uns nach der Entscheidung für einen Illustrator dessen Portfolio noch einmal ganz genau an und versuchen ein bis zwei mögliche Illustrationsthemen zu finden, die seiner Welt entspringen und auch zur positiven, bunten Welt von Pfeffer & Frost passen.

Für Leser, die nicht mit fränkischen Lebkuchen aufgewachsen sind: Was macht den Nürnberger Lebkuchen so besonders?

TM: Nürnberger Lebkuchen läuten für uns die Adventszeit ein: Wir verbinden diese würzig süßen Spezialität mit kalten Stunden auf dem Weihnachtsmarkt und kuscheligem Nachmittagskaffee bei Freunden. Zur Geschichte lässt sich sagen: Ursprünglich im Mittelalter von Mönchen als gesundes Nahrungsmittel oder neudeutsch „super food“ entwickelt, sind sie in der Adventszeit fester Bestandteil des Stadtbildes und in jeder kleinen Bäckerei zu finden. Typisch ist der hohe Anteil an Haselnüssen & Mandeln, sowie Marzipan und unter 10% Mehl oder anderes Getreide. Natürlich hat jeder Nürnberger seinen „Lieblingslebkuchen“, aber bisher waren alle die wir gefragt haben, auch Fan von unseren Lebkuchen.

Wie sieht die Zukunft von Pfeffer & Frost aus?

JZ: Im Bereich Nachhaltigkeit lässt sich immer noch an einigen Stellschrauben drehen. Zum Beispiel möchten wir in Zukunft regionale Haselnüsse einkaufen. Dafür müssen wir größere Mengen als bisher abnehmen um einen guten Preis zu bekommen und den Lebkuchen möglichst zum gleichen Preis wie bisher anbieten zu können. Wir wollen in Zukunft ganz genau kommunizieren können, woher unsere Zutaten und welchen CO2 Fußabdruck wir damit hinterlassen. Auch unseren Service verbessern wir stetig und bieten ab nächstem Jahr für alle Kunden die komplette Abwicklung des Versands an einzelne Wunschadressen an, damit weniger Versandwege anfallen.

Fotografie: © Katharina Pflug

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