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Best Of Lifestyle Travel 1. November 2019

Inspired by Dirk Fehse, Gründer & Head of Passion des Campersharing-Portals PaulCamper

Der Grundgedanke der Sharing Economy ist, große Besitztümer allen zugänglich zu machen, indem die Kosten geteilt werden. Und tatsächlich teilen wir Menschen gern. Es werden Zimmer zur Verfügung gestellt, Haushalts- und Gartengeräte verliehen und Autos geteilt.

Inspiriert vom Sharing-Boom und mit dem Vorhaben, Europa mit dem Van zu bereisen, gründete Dirk Fehse 2013 das Unternehmen PaulCamper, das sich auf die Vermietung von Wohnmobilen, Wohnwagen und Campingbussen spezialisiert hat. Heute ist PaulCamper Deutschlands größte Camper-Sharing-Plattform. Mit Dirk sprachen wir über Unternehmertum, seine liebsten Reiseziele mit dem Camper und die gesellschaftlichen Auswirkungen von Sharing Konzepten.

1. Lieber Dirk, erzähl uns doch mal, was genau das Konzept von PaulCamper ist und was dich zur Gründung bewegt hat?

Das Prinzip hinter PaulCamper ist einfach: Wohnmobilbesitzer können ihre Wohnmobile, Wohnwagen und Campingbusse über PaulCamper vermieten und damit Outdoor-Fans, die kein eigenes Fahrzeug besitzen, diese besondere Art des Reisens und das Lebensgefühl absoluter persönlicher Freiheit ermöglichen. Und auch die Geschichte dahinter ist einfach: Ich selbst war in Australien mehrere Monate mit einem Camper reisen und als ich zurückkam, wollte ich Europa auf dieselbe Art und Weise bereisen.

Einen Camper zu mieten, der günstig und simpel ausgestattet war, war gar nicht so einfach – bzw. sogar unmöglich. Also kaufte ich mir selbst einen Camper, den Paul. Und weil es mir einfach zu teuer war, einen Camper für nur wenige Reisewochen im Jahr anzuschaffen, beschloss ich kurzerhand, aus meiner Not eine Tugend zu machen und Paul mit anderen Menschen zu teilen – also schlicht das anzubieten, was ich selbst nicht gefunden habe.

Der Ansatz ging auf und hat weit mehr Anhänger gefunden, als ich mir damals hätte vorstellen können. Wir sind heute die größte Camper-Sharing-Plattform in Deutschland und erschließen neben Holland und Österreich aktuell weitere Märkte in Europa.

2. Du hast dein Angestellten-Dasein gegen die Selbständigkeit getauscht. Die Selbständigkeit ist mit etlichen Hürden verbunden und erfordert sehr viel Mut. Was waren bisher die schönsten aber auch herausforderndsten Momente? Hast du vielleicht Tipps, die du anderen Entrepreneuren an die Hand geben kannst?

Natürlich gibt es Hürden auf Wegen, die man neu beschreitet. Und es gibt auch Momente, in denen ich riesigen Respekt habe, bestimmte Entscheidungen treffen zu müssen. Aber ganz ehrlich, die vermeintliche Sicherheit in meinen Job hat mich alles andere als glücklich gemacht. Ich habe vor kurzem im Gründerszene-Podcast ausführlich darüber gesprochen, dass ich fast alles wieder genauso machen würde. Dabei bleibe ich – nur würde ich mit meiner heutigen Erfahrung deutlich früher Investoren ins Boot holen.

Was ich Gründern gerne mit auf den Weg geben möchte, ist der herzliche Rat, sich nicht davor zu scheuen, Rat und Hilfe in Anspruch zu nehmen, offen zu bleiben und verschiedene Perspektiven anzuhören. Und das allerwichtigste: fokussieren! Immer wieder neu und klar bewerten, was wirklich wichtig ist, um das definierte Ziel zu erreichen.

Dirk Fehse © Saskia Uppenkamp

3. Als Camper-Neuling interessiert mich vor allem, wie man sich am besten auf einen Trip mit dem Wohnmobil vorbereitet und was man immer dabei haben sollte?

Erstmal herzlichen Glückwunsch, dass du dich für diese schöne Art des Reisens interessierst! Du bist ja selbst Reiseprofi, da brauche ich dir über den Ansatz, ein Reiseziel zu wählen, nichts erzählen. Beim Camper-Trip bist du noch unabhängiger: du bestimmst Route und Tempo, du entscheidest, wo du anhälst und wie lange du bleibst.

Was sicher hilfreich ist, ist sich ein paar Apps wie Park4night herunterzuladen, um unterwegs zum Beispiel die Verfügbarkeit von Stellplätzen checken zu können, wenn man nicht frei stehen will.
Was equipment-seitig auf keinen Fall fehlen darf, ist regenfeste Kleidung und ‘ne Badehose. Und: MacGyver soll auf immer recht behalten – neben Schnur, Feuerzeug und Karabinerhaken gehört Gaffa einfach zur Grundausstattung für jede Camper-Trip.

Ansonsten ist mein Tipp, einfach entlang der täglichen Routinen denken und packen: will man bewusst Minimalismus betreiben oder gibt es Dinge, die man einfach nicht missen möchte. Ich persönlich habe immer eine italienische Kaffeekanne und guten Kaffee dabei, frisches Gemüse zum Kochen und ein ordentlicher Wein im Kühlschrank ist auch nie verkehrt.

4. Airbnb hat es vorgemacht und viele weitere Sharing Konzepte folgten. Was sind deine Gedanken zur Sharing Economy? Siehst du diese Entwicklung als durchweg positiv?

Ich selbst bin generell großer Freund und Nutzer von Sharing Economy Konzepten. Zum einen, weil das Konzept, Ressourcen effizient zu nutzen bzw. auszuschöpfen, für mich ökonomisch und ökologisch einfach Sinn macht. Zum anderen erleichtert es mir persönlich einfach das Leben und spart mir jede Menge Zeit, wenn ich mit einem vertrauten Mechanismus und einer App oder Website überall auf der Welt superschnell vom Zimmer bis zum Verkehrsmittel so ziemlich alles buchen kann, was mich sofort in den Fluss vor Ort bringt.

Ob ich das generell gut finde, ist eine gute Frage. Wie gesagt, die grundlegende Theorie der bestmöglichen Ressourcennutzung finde ich super und unterstützenswert. Wie bei allem ist die ein oder andere Umsetzung dann fragwürdig – so gibt es aktuell ein paar Stilblüten im urbanen Verkehrsmittel-Bereich, die unter dem Begriff Sharing Economy laufen, die einfach Mietkonzepte sind und deren Öko-Bilanz ich glaube ich auch lieber gar nicht näher anschauen mag.
Interessant ist, dass das Bewusstsein über solche Modelle noch längst nicht so verbreitet ist, wie wir, die wir uns täglich damit beschäftigen, glauben. Insofern arbeiten wir jetzt mal weiter daran, das Konzept des Campersharings noch bekannter zu machen!

© Paul Camper Flottenanführer © Wiebke Dzung

5. Hast du Ziele, die du besonders gerne mit dem Van bereist? Und was ist die beste Jahreszeit um mit dem Camper auf Reisen zu gehen?

Das schöne am Reisen mit dem Camper ist ja, dass oft der Weg das Ziel ist. Es gibt allerdings tatsächlich ein paar Evergreens für mich. Das ist zum einen Rügen, wo ich immer wieder gerne hinfahre und wo ich auch einen ganz persönlichen Lieblingsort habe, an dem ich frei in den Dünen  stehen und der Ostsee lauschen kann. Zum anderen ist es Brandenburg. Da komme ich her, da fühle ich mich zu Hause und vor allem bin ich innerhalb kürzester Zeit aus Berlin raus und direkt in der Natur, das ist eine großartige Situation.

Darüber hinaus habe ich als nächsten größeren Trip vor, Albanien mit dem Camper zu erkunden – da war ich noch nicht und ich bin total gespannt! Das werde ich wahrscheinlich im Frühjahr oder Herbst nächsten Jahres in Angriff nehmen, wobei ich generell jeder Reisezeit etwas schönes abgewinnen kann, da kann ich mich tatsächlich nicht auf einen Favoriten festlegen.

6. Das Reisen ist mittlerweile ein wenig in Verruf geraten, da viele Destinationen vom Overtourism betroffen sind und das Klima stark geschädigt wird. Wie nachhaltig ist das Reisen mit dem Camper und wie geht PaulCamper mit dem Thema Nachhaltigkeit um?

Nicht wegzudiskutieren ist, dass Reisen und vor allem Flugreisen einen Einfluss auf die Umwelt haben. Und leider keinen guten. PaulCamper arbeitet mit Fahrzeugen, die mit Benzin und Diesel fahren. Insofern können auch wir defacto nicht sagen, keinen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen.

Was uns als Firma und unsere Community auszeichnet, ist eine hohe Naturverbundenheit und damit einhergehend der Anspruch, sich Natur und Umwelt gegenüber respektvoll zu verhalten, Müll zu vermeiden, keine Kleinstabpackungen zu verwenden etc.. Auch in der Kommunikation stellen wir uns dem Thema immer wieder und erarbeiten praktikable Tipps und Tricks für unsere Vermieter und Mieter, die Campingreisen nicht nur schön, sondern auch ressourcenschonend und nachhaltig zu gestalten.

7. Das Business-Modell von Paul Camper lebt vom Community-Gedanken. Wie haltet ihr jene am Laufen und wie akquiriert ihr Van-Eigentümer?

Wir haben ja quasi zwei Kundengruppen: Die Vermieter, die unsere Flotte stellen und die Mieter. Wir legen großen Wert auf persönlichen Support und darauf, eine sehr enge Beziehung zur Community zu pflegen. Das passiert auf der Vermieterseite über ganz verschiedene Veranstaltungsformate wie regelmäßigen Vermieter-Stammtische, unser halbjährlich stattfindendes PaulsCamp und bestimmte Kommunikationskanäle und Foren. Die Flotten-Akquise läuft natürlich in Teilen über Weiterempfehlungen in der Community und ganz klar über gezielte Kommunikation.

Die Mieter und potentiellen Mieter holen wir über einen Mix an Kommunikationsmaßnahmen sowie eine enge Betreuung im Buchungsprozess ab, wenn das gewünscht ist. Die Buchung selbst ist einfach und unkompliziert – mit diesem Anspruch sind wir angetreten. Haben Mieter allerdings persönliche Anliegen, steht unser Support-Team zur Verfügung.

Und ganz wichtig sind die inspirierenden und hilfreichen Inhalte, die wir online und inzwischen auch mit einem Print-Magazin zur Verfügung stellen. Unsere Team-Mitglieder brennen für die Themen Campen und Outdoor-Erlebnisse und erstellen jede Menge hilfreiche Infos und Bilder, die im Dschungel des Angebots navigieren helfen – wir kennen die Wünsche unsere Zielgruppe, denn wir sind selbst Teil davon.

8. Habt ihr Ideen, wie es mit PaulCamper weiter gehen soll und kann man schon Prognosen abgeben, wie sich das Reisen mit dem Camper in der Zukunft entwickeln wird?

Unsere Vision und Mission ist es, Menschen mehr Zeit draußen zu ermöglichen, und zwar ganz einfach und sicher. Wenn du genau hinschaust, siehst du in unserem Logo keinen Camper! Das heißt, wir streben an, die Marke und das Angebot von PaulCamper dahin zu entwickeln, wo dieses Versprechen eingelöst werden kann. Das kann verschiedene Facetten haben. Sicher ist, dass mein Team und ich daran arbeiten, Menschen coole Outdoor-Erfahrung zu ermöglichen. Und in drei Jahren auf jeden Fall mehr davon und in weiteren Märkten. Und das ist das Schöne an einem Startup: es bleibt spannend!

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