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Fashion Fotografie Lifestyle Musik 22. Februar 2015

11 Fragen an Daniel Bellqvist

Beeindruckende Persönlichkeiten, der eigene Style und wie man sich von fremden Erwartungen frei macht –Blog Bohème stellt 11 Fragen an Daniel Bellqvist, Sänger der schwedischen Indie-Band Eskobar

Ikea, Knäckebrot, Elche und ABBA. Denkt man an Schweden, könnten einem zumindest einer dieser Begriffe einfallen. Ich persönlich denke dabei eher an eine Reihe cooler Indie-Bands wie The Hives, Mando Diao, Peter Bjorn & John oder The Tallest Man On Earth, zu deren Retro Rock n‘ Roll-Klängen damals im legendären Münchener Atomic Cafe jeden Mittwoch abgetanzt wurde und mit der Compilation Atömström ein Denkmal gesetzt wurde. Am meisten davon hat es mir aber die Band Eskobar aus Stockholm angetan. Seit ihrem ersten Album Till We’re Dead aus dem Jahr 2000 bin ich Fan der Schweden-Popper, auch wenn die letzten Jahre eher ruhig um sie waren. Jetzt melden sich Frontmann Daniel Bellqvist und Gitarrist Frederik Zäll mit der neuen Single Untrap Yourself nach sechs Jahren zurück und beweisen, dass sie ihr Handwerk immer noch beherrschen. So dürften uns mit ihrem kommenden Album (Titel und Veröffentlichungsdatum leider noch unbekannt) ein paar nette Ohrwürmer erwarten.

Exklusiv für Blog Bohème stellte sich Sänger Daniel Bellqvist unseren 11 Fragen und verriet einiges über sich, seine Arbeit und warum er sich heute nicht mehr für seinen Style den Hintern abfrieren würde:

Seit 1996 Bandkollegen: Sänger Daniel Bellqvist und Gitarrist Frederik Zäll
Seit 1996 Bandkollegen: Sänger Daniel Bellqvist und Gitarrist Frederik Zäll © Eskobar

Lennon oder McCartney?

DB: Lennon. Ich liebe seine Songs für ihre musikalische Tiefe. Aber ich stehe auch auf Pauls Stimme. Besonders wenn sie so ein bisschen ins Dreckige geht, wie bei „Rock n‘ Roll Music“.

Rum oder Coke?

DB: Ich trinke seit 9 Jahren keinen Tropfen Alkohol mehr. Und auf Limo steh ich auch nicht. Für mich darf’s eine gute Tasse Tee oder ein einfaches Glas Wasser sein.

Hunde oder Katzen?

DB: Definitiv Hunde. Meine Frau und ich haben eine Pharaoh Hündin mit dem Namen Dahlia. Sie ist wie eine Tochter für uns. Wir lieben sie abgöttisch – was ab und zu fast ein bisschen albern ist. Wenn ich irgendwo bedingungslose Liebe kennengelernt habe, dann bei ihr.

Gassigehen: Daniel mit Frau Sandra und der Hündin Dahlia
Gassigehen: Daniel mit seiner Frau Sandra und Hündin Dahlia © Daniel Bellqvist

Völlig egal, ob jemand bekannt oder unbekannt ist: Blog Bohème dreht sich u.a. um Menschen, die uns beeindrucken. Wer beeindruckt dich und warum?

DB: Da gibt es viele. Der russische Autor Vadim Zeland schrieb mit Reality Transurfing so ziemlich die beste Buchreihe, die ich je gelesen habe. Seit ungefähr acht Jahren beschäftige ich mich mit Spiritualität und seine Bücher treffen den Nagel für mich auf den Kopf. Ich glaube, da stecken viele gute Gedanken bezüglich unseres Kosmos und der Realität drin. Als ehemaliger Wissenschaftler verarbeitet Zeland einige interressante Theorien über Quantenphysik in seinen Büchern. Das finde ich ziemlich abgefahren. Ähnlich ist es mit Eckhart Tolles Roman New Earth, meinem zweiten Lieblingsbuch und spirituellen Ratgeber. In Sachen Fashion hat es mir der ehemalige Chefdesigner von Balmain Christophe Decarnin angetan. Seine Kollektionen gehören gemeinsam mit den Arbeiten von Roberto Cavalli und Alexandre Vauthier zu den besten, die ich kenne. Der österreichische Regisseur Ulrich Seidl ist ein absoluter Meister seines Fachs und ich liebe seinen Film Hundstage.

Immer wenn ich Eskobar höre, fühle ich mich wieder wie ein sechzehnjähriger Halbstarker mit Brit-Pop-Haarschnitt, Trainingsjacke und engen Jeans. Du bist jetzt Vierzig. Wie hat sich dein persönlicher Kleidungsstil und Musikgeschmack seit deiner ersten Platte „Til We’re Dead“ geändert?

DB: Ich würde sagen, mein Stil wurde über die Jahre flexibler. Ich probiere gerne neue Farben aus, früher waren beinahe alle meine Klamotten schwarz. Für mich ist die Herrenmode der 60er und 70er Jahre bis heute unübertroffen – besonders was den Style der Musiker und Filmstars dieser Zeit betrifft. Daran lehne ich gerne meine aktuellen Styles an. Auch bin ich ein wenig pragmatischer geworden und trenne ganz klar die Kategorien Mode und Funktion voneinander. Als ich jünger war, gab’s das nicht. Da rannte ich Sommer wie Winter in der gleichen Lederjacke und den gleichen Schuhen die Straßen auf und ab. Das sah zwar cool aus, war aber auch arschkalt. Heute ist es mir ziemlich egal, wie ich aussehe, wenn ich mit dem Hund im Schnee spiele. Hauptsache ich friere nicht. Musikalisch entwickeln wir uns ständig weiter und verändern unseren Sound seitdem es die Band gibt. Und das soll auch so bleiben – obwohl meine Stimme und Frederiks Gitarrenspiel wohl auch in hundert Jahren noch den Kern von Eskobar bilden werden.

Wild Style: Daniel mit Leoparden-Jacket und Sonnenbrille
Wild Style: Daniel mit Leoparden-Jacket und Sonnenbrille © Daniel Bellqvist

Unter uns: Du bist ein ziemlich gutaussehender Typ. Hast du irgendwelche Style-Tipps für unsere bohèmen Leser?

DB: Danke (lacht). Ihr habt mich noch nicht gesehen, wie ich beim Gassigehen aussehe. Mein Tipp lautet: Zieh an, was dir gefällt und womit du dich wohl fühlst. Bleib dir und deinem Kleiderschrank treu und du wirst klasse aussehen. Vergiss Trends. Wie soll denn bitte wer anders wissen, wie du dich fühlst? Look und Feel gehen meiner Meinung nach Hand in Hand. Seine Gefühle kennt jeder selbst am besten.

“Then I go down, down, down like I always do.” Die Zeilen stammen aus einem meiner Eskobar Lieblingslieder “The Devil keeps me moving”. Wie sieht denn dein persönlicher Teufel aus?

DB: Früher war das so ziemlich jede Flasche Alkohol. Ich war jahrelang Alkoholiker, was ziemlich traurig und eine komplette Zeitverschwendung war – zumal ich auch keine Person des Mittelmaßes bin. Alles was ich tue, tue ich auch immer recht exzessiv. Mit Alkohol ist das also eine recht fatale Mischung. In Kombination mit anderen Dingen liegt darin aber auch eine meiner Stärken. So bin ich ziemlich ehrgeizig, wenn es ums Lernen neuer Fähigkeiten geht. So brachte ich mir beispielsweise mithilfe von YouTube und der alten Nähmaschine meiner Großmutter das Schneidern bei und nähte meiner Frau einen ziemlich hübschen roten Samt-Blazer. Diesen hatte sie sich schon lange gewünscht. Daraufhin entwarf ich für sie eine gesamte Kollektion.

Auf jedem Sender flimmern Casting Shows über den Schirm und die Welt wird regelmäßig reicher um einen neuen sogenannten “Superstar”. Mich nervt das eher an. Der französische Nouvelle Star Gewinner Christophe Willem gab deinen Song Something New zum Besten. Was hältst du von Casting Shows?

DB: Ich bin absolut überwältigt, wenn in diesen Shows irgendwer einen Song von uns singt. Die können ja aus der gesamten Musikgeschichte auswählen – und da ist es schon eine Ehre, wenn sich irgendwo auf der Welt jemand für Eskobar entscheidet. Aber zurück zur Frage: Wenn auch heute nicht mehr so stark wie früher, stehe ich auf diese Shows. Ich interessiere mich für die Entwicklung der einzelnen Musiker beispielsweise vom blutigen Anfänger mit wenig Selbstvertrauen beim Vorsingen bis hin zur charismatischen Rampensau im Finale. Ich bekomme oft eine Gänsehaut, wenn ich sehe, wie sie sich ihren Traum erfüllen, einmal im Leben auf einer Bühne zu stehen. Viele von ihnen haben eine tolle Stimme, was ich für ein Talent an sich halte, auch wenn die meisten niemals einen einzigen Song selber schreiben können werden. Und bei allem Respekt: Keiner dieser Superstars wird es jemals, in die oben genannte Reihe der Leute schaffen, die ich bewundere und echte Relevanz für mein Leben und mich als Künstler haben. Beides hat seine Berechtigung: einfache Unterhaltung und Inhalte, die zum Nachdenken und Reflektieren einladen. So liebe ich zwar anspruchsvolle Filme wie Hundstage, Gummo, Ex-drummer, The Idiots und Eraserhead, zum Abschalten und Lachen darf’s dann auch mal eine seichte Komödie mit Jonah Hill sein. Gemeinsam mit meiner Frau sitze ich dann auf der Couch und wir haben einfach Spaß.

Unser Blog heißt bohème. Was bedeutet dieses Wort für dich?

DB: Als erstes denke ich an den Bohemian Chic Style in der Mode. Dann stelle ich mir lässig angezogene Künstler vor – vielleicht Maler oder Bildhauer –, die ziemlich betrunken von ihrem selbst gepanschten Wein sind.

Lang gemacht. Daniel lehnt seine Fotografien an den Surrealismus von Salvador Dalí an © Daniel Bellqvist
Lang gemacht. Daniel lehnt seine Fotografien an den Surrealismus von Salvador Dalí an © Daniel Bellqvist

Neben deinem Job als Musiker bist du auch noch als Fotograf und Designer tätig. Wie würdest du deine Arbeiten beschreiben?

DB: Meine Musik ist soul made. Dabei verbiete ich dem Verstand, sich in unseren Sound einzumischen. Seele, Herz und Geist können sich auf diese Weise so ungetrübt wie möglich entfalten. Meine Arbeiten als Modefotograf würde ich als eine Mischung aus Fantasie und Realität beschreiben – als eine Art Salvador Dalí mit dem Fotoapparat. Ähnlich wie er spiele ich mit langgezogenen Körpern und rücke sie in den Mittelpunkt meiner Bilder. Andererseits versuche ich die Grenze zur Fantasiewelt nicht völlig zu übertreten und verweile eher in einer Art „Twilight Zone“. Dafür nutze ich gerne Weitwinkel. Aufgrund der kurzen Zeit, bin ich von einem eigenen Style als Designer noch weit entfernt. Hier lasse ich mich gerne von den Designs meiner Modehelden inspirieren.

Zurück zur Musik. Viele unserer Leser sind junge Menschen, die noch nicht so recht wissen, wohin für sie die Reise im Leben gehen soll. Eure neue Single heißt “Untrap yourself”. Vielleicht ein Hinweis?

DB: Man kann den Titel absolut in diesem Kontext verstehen. Sich frei machen von allen Erwartungen und Ideen, die Eltern und Gesellschaft für einen parat haben. Das ist für mich der Schlüssel zum Glück und mein Rat lautet: Strebt nach Glück, nicht nach Erfolg! Deshalb habe ich für mich persönlich ein kleines Gedankenexperiment entwickelt. Immer wenn ich mir unsicher bin, ob ich mich aktuell auf dem rechten Weg befinde – also auch das tue, was ich liebe -, stelle ich mir die Frage: Wenn ich jetzt die letzte Person auf Erden wäre und keiner da wäre, den ich beeindrucken müsste, es nur darum ginge zufrieden zu sein und zu tun, was mich glücklich macht – würde ich dann tun, was ich gerade mache? Lautet die Antwort „Ja“, bin ich vermutlich gar nicht so schlecht unterwegs – vorausgesetzt mein Handeln schadet niemanden. Egal ob sich für dich ein Profit ergibt, solange du mit deinem Tun glücklich bist, bist du vermutlich auf dem rechten Weg. Ich halte wenig davon, irgendetwas zu tun, worauf man keine Lust hat, nur um am Ende eventuell belohnt zu werden. Oder einfach gesagt: Wenn du keinen Spaß auf dem Weg zu einem bestimmten Ziel hast, dann bist du vermutlich auch nicht auf dem richtigen Weg.

Welcome to the Twilight Zone: Daniels Bilder sind eine athmosphärische Mischung aus Fantasie und Realität
Welcome to the Twilight Zone: Daniels Bilder sind eine athmosphärische Mischung aus Fantasie und Realität © Daniel Bellqvist

 

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