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Deutschland Travel 22. April 2021

Raus aus Berlin, rein in die Uckermark

Lange war Brandenburg unterschätzt. Doch vor allem die Uckermark hat alles, was man für kleine Stadtfluchten braucht. Gerade jetzt. Der neueste Band aus der Reisebuchreise WOCHENENDER liefert 55 Tipps für herrliche Auszeiten im Nordosten Brandenburgs.

„Ich fühl mich so leer, ich fühl mich Brandenburg“, sang Rainald Grebe einst. Er war mit diesem Gefühl nicht allein. Lange war Brandenburg unterschätzt, als Landstrich, den man auf dem Weg ans Meer irgendwie hinter sich bringen musste. „Zum Durchfahren ist Brandenburg allerdings viel zu schade“, erkannte auch Eli Frenz, Herausgeberin der Reisebuchreihe WOCHENENDER bei der Arbeit am neuen Band „WOCHENENDER Brandenburg Nordosten: Uckermark, Barnim, Märkisch-Oderland“. „Vor allem die wilde, weite Uckermark und die angrenzenden Landkreise nordöstlich von Berlin haben für mich alles, was ich für kleine Stadtfluchten brauche: ursprüngliche Wälder, beschauliche Dörfer und so viele Seen, Flüsse und Bäche, dass man beim Zählen durcheinanderkommt.“

Die Natur konnte sich hier ungehemmt ihren Platz bewahren. Dazu hat man sie oft für sich allein. Schon rein rechnerisch ist man weit weg von den anderen – mit 40 Einwohner*innen auf den Quadratkilometer ist die Uckermark einer der einsamsten Landstriche in Deutschland. Mehr als die Hälfte der Landschaft ist ausgewiesenes Naturschutzgebiet. Wenn Rainald Grebe also singt, es gebe „Länder, wo richtig was los ist, und es gibt Brandenburg“, klingt das gar nicht mehr so garstig, wie er es wohl gemeint hat, sondern ziemlich wunderbar. „Das hat er übrigens selbst erkannt, inzwischen besitzt er ein eigenes Häuschen in der Uckermark“, lacht Eli Frenz.

Brecht-Weigel-Haus © Sina Schwarz

Auf dem Wasser durch die Uckermark

Die Region ist ein Sehnsuchtsort für viele Städter*innen geworden. Ihre eigentümlich gewellten Felder, dichten Wälder und herrschaftlichen Gutshöfe haben nämlich einen ganz speziellen Zauber. Erkunden lässt sich die Landschaft hervorragend zu Fuß, auf dem Rad – oder auch vom Wasser aus. Der beste Ausgangspunkt für eine Boot- oder Kanufahrt ist Lychen, die „Stadt der sieben Seen“.

Das pittoreske Städtchen liegt inmitten eines ausgedehnten Wasserreichs aus Hunderten von Seen, Bächen, Flüssen, Teichen, Tümpeln und Mooren. Deshalb sind die Strecken für Wasserwanderungen in und um Lychen frei kombinierbar. „So lässt sich ein Tagesausflug auf der Havel ebenso angehen wie eine mehrtägige Tour über den Stadtsee bis Himmelpfort, zum Capriolenhof und weiter über Templin und den Platkowsee zurück nach Lychen“, erzählt Eli Frenz. Boote leihen kann man etwa bei Reiherhals an der Badestelle am Wurlsee oder bei Treibholz in Lychen. Und wer einmal in Lychen ist, schaut im Café Kunstpause vorbei oder quartiert sich in einem der Ferienwohnungen des Re:hof Rutenberg ein.

Fuchs & Hase Fahrradcafé © Sina Schwarz

Radfahren im Odertal

Etwas weiter östlich, an der Grenze zu Polen, liegt der Nationalpark Unteres Odertal. Die weiten Polterwiesen und Wäldchen an der Oder gehören zu den artenreichsten Lebensräumen Deutschlands, die Auen und ihr Hinterland lassen sich auf gut beschilderten Radwegen erkunden. Zu einer kleinen Runde losfahren kann man beispielsweise von Stolzenhagen über Stolpe bis nach Stützkow und retour, entweder in Wassernähe der Oder oder auf dem Oder-Neiße-Radweg am Deich entlang.

Pause machen kann man ganz wunderbar im Fuchs und Hase Fahrradcafé in Stolpe: Auf einem Holzdeck sitzt man in der Sonne und isst wahlweise selbstgebackenen Kuchen oder Herzhaftes. Und falls nötig, gibt es neun Kilometer weiter die dazugehörige Kaffeebar mit Fahrradwerkstatt. Ein weiterer Stopp lohnt sich am Stolper Turm, ein wuchtiger Ziegelbau mit dem liebevollen Spitznahmen „Grützpott“. Von oben hat man eine spektakuläre Aussicht über die Oderwiesen und ihre Wasserläufe.

Wandern durch die Märkische Schweiz

Wer lieber zu Fuß unterwegs ist, für den gibt es zahlreiche Wanderrouten, etwa durch die Märkische Schweiz. Von der Eiszeit geformt, ist die Landschaft mit ihren Steilhängen und Seen, wilden Tälern und Schluchten faszinierend urtümlich und abwechslungsreich. Eine besonders schöne Weise, sie zu erkunden, ist eine Wanderung auf der 21 Kilometer langen Naturparkroute, die als Rundkurs von Buckow durch das Stobbertal nach Waldsieversdorf führt und schließlich am Westufer des Schermützelsees zurück zum Ausgangspunkt.

Café Kunstpause ©Sina Schwarz

Wer es etwas gemütlicher mag, umrundet den See auf einem knapp acht Kilometer langen Spaziergang. Vorbei kommt man am Brecht-Weigel-Haus Buckow. Was heute ein Museum ist, war früher eine kleine Villa mit Gärtnerhaus, wo Bertolt Brecht und seine Frau Helene Weigel Kraft und Inspiration schöpften. Oder man besucht einfach das kleine Örtchen Buckow: Die Häuser, Restaurants und Cafés am Marktplatz sind schnuckelig, der Raum im morgendlichen Schlosspark samtweich, die Ausblicke idyllisch. Und nicht umsonst hat bereits der Leibarzt dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. Buckow im Jahre 1854 mit den Worten empfohlen, hier gehe „die Lunge auf Samt“. „Zu Recht“, sagt Eli Frenz. „Die Luft, aromatisiert vom Schermützelsee und den Wäldern der Umgebung, ist so gesund, dass man unweigerlich tiefer zu atmen beginnt.“

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