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Deutschland Travel 13. November 2020

Rau, stürmisch und großartig: Geheimtipps für St. Peter-Ording und Eiderstedt

Ein weiter Strand, Wind und Gezeiten ungeschützt ausgesetzt, von Prielen durchzogen, alles an ihm rau und stürmisch und großartig: St. Peter-Ording. Die dazugehörige Halbinsel Eiderstedt ist bis heute fast ein Geheimtipp geblieben. Dabei ist das Gebiet so etwas wie der Inbegriff der deutschen Nordseeküste, wie der jüngste Band der Reisebuchreihe WOCHENENDER zeigt.

Einst war St. Peter-Ording das Armenhaus von Eiderstedt. Viele ältere Einheimische erinnern sich noch, wie sie in ihrer Kindheit über die Fischernetze steigen mussten, die in den Hausfluren zum Trocknen aufgehängt waren. Außer der Fischerei gab es nicht viel auf der Halbinsel: Der Seewind blies den Sand von der Sandbank ins Inland, machte die Felder unfruchtbar und verschlang ganze Dörfer, die Meeresströmung versandete die Buchten. Sand war jahrhundertelang St. Peter-Ordings Fluch, ein Grund zu gehen. Heute ist er ein Grund zu kommen.

© Wochenender

Doch wer glaubt, St. Peter-Ording zu kennen, wird sich wundern, was es dort noch alles zu entdecken gibt. Der neue Band der Reisebuchreihe WOCHENENDER über St. Peter-Ording und Eiderstedt zeigt auch viele versteckte und unkonventionelle Orte. „St. Peter-Ording ist ein Klassiker, der schon vor über 100 Jahren in Reisebroschüren angepriesen wurde“, erzählt Herausgeberin Eli Frenz. „Umso erstaunlicher finde ich es, dass die Halbinsel Eiderstedt, vor deren westlichem Zipfel die berühmte Sandbank liegt, kaum einer kennt. Dabei ist das Gebiet zwischen Friedrichstadt und St. Peter-Ording so etwas wie der Inbegriff der deutschen Nordseeküste. Alles ist weit, flach und offen, vom Meer umschlossen, dem stürmischen Wetter mehr oder weniger ungeschützt ausgesetzt.“

© Jürgen Wackenhut

Eiderstedt: Region der Kontraste

Wie die anderen Bücher der Reihe, ist auch dieser WOCHENENDER kein typischer Reiseführer, sondern gibt handverlesene Tipps mit Fokus auf gut recherchierte Orte, hochwertige Fotografie, prägnante Texte und modernes Design. Der Band vereint Must-Sees mit echten Geheimtipps und zeigt die Region mit all ihren Kontrasten, zwischen alt und modern, zwischen Tourismus und Abgeschiedenheit. Der Blick ist dabei immer ein besonderer.

„Einer der ungewöhnlichsten Orte auf Eiderstedt war für mich die SpinnWebKate, eine Handweberei in einem alten Wirtschaftsgebäude“, erzählt Eli Frenz. Wer sie betritt, bekommt Gelegenheit, sich ausgiebig darüber zu wundern, wie verwinkelt und labyrinthisch ein Haus sein kann, das nur zwei Räume hat. Vor über 20 Jahren hat die ehemalige Grundschullehrerin Angelika Rölke sich hier eingerichtet und mittlerweile über ein Dutzend Webstühle aufgestellt. Das Kronjuwel ihrer Sammlung: ein Hand-Jacquard-Webstuhl, ein kleines technisches Wunderwerk.

SpinnWebKate © Uta Gleiser

Blick auf den Deich

Ein Klassiker, aber dennoch ein ganz besonderer Ort ist die Schankwirtschaft Wilhelm Andresen, die älteste Schankwirtschaft an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste und mittlerweile denkmalgeschützt“, so Eli Frenz. Bei schönem Wetter sitzt man draußen hinter dem Katinger Deich mit Blick auf Schafe und Ponys; bei schlechtem auf roten Samtpolstern in kleinen, charmanten Stuben mit Delfter Kachlen an den Wänden. „Man darf übrigens nicht wieder nach Hause fahren, ohne die Spezialität des Hauses zu probieren: Eiergrog nach dem Originalrezept der blonden Kathrein, die Großmutter des heutigen Besitzers – und schon zu Lebzeiten eine Legende“, verrät Eli Frenz.

St. Peter-Ording Surfschule © Yvonne Schmedemann

Doch insbesondere die im Buch vorgestellten Ferienhäuser spiegeln die Kontraste der Halbinsel wider. Etwa der Tetenbüllspieker, ein denkmalgeschütztes Reetdachhaus, das mit viel Aufwand und Liebe saniert worden ist. Oder das Große Glueck und das Kleine Glueck, zwei abgeschiedene Ferienhäuser, umgeben von Feldern und Sielen, vom Wind krumm gedrückten Birken und grasenden Schafen. Oder das Westerdeich 22, eine moderne Holzarchitektur mit lichtdurchfluteten Räumen mit riesigen, bodentiefen Fenstern, eingehüllt in Natur, weil Innen- und Außenraum beinahe miteinander verschmelzen.

Mit Fahrrad an der Küste entlang

Besonders eindrücklich lässt sich die Halbinsel und ihre Landschaften aber mit dem Fahrrad erkunden. Der gesamte Küstenverlauf von Eiderstedt lässt sich etwa am Deich entlang abradeln – von der Badestelle Lundenbergsand bis zum Eidersperrwerk. Eine Fahrt, als würde man durch einen riesigen Tuschkasten fahren: der grüne Deich, das braune Watt, der blaue Himmel, gelbe Sonnenblumen an den Feldrändern. Zu einer Seite immer das Meer. Man sollte allerdings genug Zeit für die 63 Kilometer lange Tour einplanen, nicht nur, um in Ruhe staunen zu können, sondern auch wegen des Winds. Hin und wieder liest man, auf Eiderstedt wehe ein beständiger Westwind. Aber jeder, der hier einmal eine Radtour gemacht hat, weiß: Der bläst immer nur von vorn.

Tümlauer Bucht © Johannes Nadeno

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