Springe zum Inhalt →

Feuilleton Lifestyle Musik 14. Oktober 2021

Plattenteller des Monats #Oktober 2021

Endlich. Corona wirkt vorbei, können wir also endlich mal wieder übers Wetter reden. Jedenfalls wenn man hier aus dem Fenster schau oder auf dem Fahrrad zur Arbeit fährt. Gibt spürbare Veränderungen, also das Wetter betreffend, und das ist doch schon mal was. Jahreszeitenwechsel und so, ist ja nicht unbedingt ein Thema mit rosigen Zukunftsaussichten, obwohl auch die FDP jetzt für das Klima ist. Viren haben es da schon besser. Alle, die man kennt, sind irgendwie krank – „aber kein Corona“ – und der Rest überlegt, wie man den anderen Rest geimpft kriegt, damit alles wieder noch normaler wird. Oder einfach so wie in Dänemark. Denn während wir hier Millionen begrabene Nerze ausgraben, um sie zu verbrennen, feiert die Welt uns für unseren Umgang mit der Pandemie.

Und Dänemark feiert wie früher. Also Hotels und Restaurants finden immer noch kein Personal, halten deswegen die Handbremse noch etwas angezogen, aber sonst haben wir es wieder schön. Sich daran gewöhnen geht tatsächlich schnell, doch außergewöhnliches passierte erst kürzlich: So wie das größte Kulturereignis in Europa seit eineinhalb Jahren: Ein Konzert im Stadion des F.C. Kopenhagen mit der Band The Minds of 99, den dänischen Oasis, wenn man so will. 50.000 Leute auf einen Haufen. Wären auch vor eineinhalb Jahren viel gewesen, nun wirkte es absurd. Kein Coronapass, kein Superspreaderevent. Hat den Zweifel besiegt, ergo: Kultur ist nicht tot, hat überlebt, und die Lust darauf hat überlebt. Und das ist ein Grund noch mehr zu feiern, auch sich selbst.

Das geht immer noch am besten mit Musik. Die jetzt nochmal richtig aufdrehen, bevor Weihnachten losgeht, denn es ist ja inzwischen auch schon fast November. Hier kommen also ein paar Platten um mehr oder weniger smooth in der Herbst zu gleiten.

Little Simz – Sometimes I Might Be Introvert (AGE 101 Music)

Um nicht gleich zu gemütlich zu werden, Little Simz auflegen. Das vierte Album seit 2015, ist Simz mit jeder Platte besser geworden, zusammen mit Grey Area aus 2019, hat sie dieses Mal aber einen deutlichen Sprung gemacht. Das letzte Mal, dass ein HipHop Album so einen Impact hinterlassen hat, war Kendrick Lamars To Pimp a Butterfly. Jazziger Sound, imposante Samples, Streicher, fette Produktion, scharfer Pop, laut und leise, sinnvolle Interludes und keine Blätter vor dem Mund. Sorry Kanye, so cool hättest du auch werden können. Ein lang überlegtes Album, das einen durchrüttelt, dich hineinsetzt in alles zwischen ihre nigerianischen Wurzeln und The Streets of London, textlich und musikalisch. Einfach Boom.

Ben Howard – Collections from the Without (Island)

Dieses neue Album von Ben Howard ist schon etwas älter, und eigentlich war er mir bisher zu easy, zu sehr Blumen im Haar. Ist immer noch nicht die kratzigste Bürste im Schrank, aber trotzdem etwas mehr edgy, nur ohne richtige Kanten – you know? Und gut für den Herbst. Der allgegenwärtige Aaron Dessner hat mitproduziert, und das bringt schon mal etwas Unruhe, im positiven Sinne, genauso wie Yussef Dayes und andere Musiker, die die Geschichte etwas aufjazzen, und das kommt hier natürlich gut an. Es könnte auch gerne mehr davon sein, aber lass gut sein. Es ist eine launige Platte, mal sonnig, mal etwas grauer und allgemein etwas verhuscht. Lies am besten ein Buch dazu oder lade deine Freunde zum Kuchen ein, ein Glas Wein in der Sonne geht auch, Howard ist jetzt wandlungsfähig, oder wir werden alt.

Regnfang – Fuglene Flyver (Gateway Music)

Wieder mal eine neue junge dänische Jazzband. Letztes Jahr gegründet, neulich Debüt herausgebracht. Ähnlich wie die letztens beschriebenen Svaneborg Kardyb, nur zu fünft, machen Regnfang schlichte, gradlinige Melodien; heiter bis wolkig. Jedes Instrument hat seinen Platz ohne ihn zu fordern. Dänischer Minimalismus könnte man meinen, der sich hier in den Liedern wiederfindet, ohne dass man das Gefühl hat, es würde etwas fehlen. Musik, die dir Ruhe gibt. Musik, die schön ist.

S. Fidelity – Fidelity Radio Club (Jakarta Records)

Der Schweizer S. Fidelty sitzt in Berlin und bastelt an seinen Beats und Tracks. Beats liefert er z.B. an den Rapper Galv, den wir hier auch mal empfehlen wollen. Irgendwas gefällt mir an dem. Die Tracks werden auf Alben und EPs gesammelt, und sind Mischungen aus Jazz, Soul, und HipHop. Fidelity Radio Club hat auch ein paar Slow House Tracks, die einen angenehmen Sundown Vibe verströmen und allgemein spritzige Laune hinterlassen. Und mit der zugehörigen Remix EP die auf Toy Tonics erschienen ist, funktioniert das auch alles im Club. Jedenfalls sehr stillvoll, sowas kann ja leicht auch ins loungige abtriften, aber smarte Samples und gute Features, z.B. mit Suff Daddy, halten alles im coolen Bereich.

Kommentare sind geschlossen.