Markus Schön studierte in London Wirtschaft, arbeitete für die Commerzbank und die Sparkasse in leitenden Positionen. Heute ist er Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Schön & Co. Blog.Bohème hat den Vollblut-Unternehmer zum Gespräch getroffen.
Was macht das Thema Investieren und Geldanlage für sie persönlich so interessant?
Ich bin finanzwirtschaftlich in den 1980iger und 1990iger Jahren sozialisiert worden. Der Schwarze Montag 1987, der Film Wallstreet, die Erfolge und die Exzesse bei den Investmentbanken waren alles prägende Ereignisse. Ganz wichtig war für mich aber der Wille, das Finanzsystem zu verstehen, um zu Kunden vor Totalverlusten wie bei Lehman Brothers, Wirecard u. ä. zu schützen.
ETFs, Fonds oder doch lieber Einzelaktien? Was würden sie Einsteigern am Kapitalmarkt raten?
Wer am Kapitalmarkt einsteigen will, sollte erst einmal Geld haben. Das klingt so simpel, aber die Empfehlungen, ohne nennenswerte Liquidität einen Aktien-Sparplan zu beginnen, sind grober Unfug. Je nach persönlichem Mut sollten mindestens 5.000 bis 10.000 Euro auf dem Tagesgeld liegen, bevor man am Kapitalmarkt mit zusätzlichem Geld einsteigt. Dann sollte man mit einem aktiv gemanagten Mischfonds starten, weil langfristig Anleihen besser als Aktien sind, eine breite Streuung besser ist und aktives Management – gern auch technisch und mit KI unterstützt – immer besser als passives Anlegen ist.
Was war ihr persönlich größter Erfolg an der Börse in den vergangenen zehn Jahren?
Auf der Aktienseite – der Rohstoffkonzern Glencore und Meta, die sich jeweils zwischen Kauf und Verkauf nahezu vervierfacht hatten, bei Anleihen ein Nachrangpapier der Allianz, das mir bei einem Kaufkurs von unter 70% laufend fast 15% Rendite beschert, aber auch eine österreichische Staatsanleihe, mit der ich 10% in einem Monat verdient habe.
Zuletzt war es das Edelmetall Palladium – ein Plus von 11% an einem Tag. Aber das sind die Heldengeschichten. Wenn man über viele Jahrzehnte jedes Jahr zwischen 6 und 8% p. a. schafft, ist es der wirkliche Erfolg.
Welche Medien konsumieren Sie, um sich einen guten Überblick über die Lage auf den Finanzmärkten zu verschaffen?
Da Schön & Co einer der wenigen Vermögensverwalter in Deutschland ist, der eigenes Research erarbeitet, beginnt mein Konsum viel früher. Wir nutzen Börseninformationssysteme wie Bloomberg, um sozusagen die finanzwirtschaftlichen Grunddaten zu erhalten. Unser Research-Team analysiert die Jahresabschlüsse aller Unternehmen, die für unsere Kunden infrage kommen.
Da habe ich schon einige interne Möglichkeiten, um mir einen Überblick zu verschaffen. Aber natürlich lese ich die üblichen Finanzmedien. Für den schnellen Überblick läuft in der Firma auf irgendeinem Monitor bestimmt BloombergTV und n-tv. Zudem lese ich auch das Research von Drittanbieter und wenn es nur ist, unser Team zu ärgern, wenn dort eine Einschätzung besser war.
Gehen wir davon aus, ich habe 100.000 Euro zur langfristigen Investition. Wie würden sie diese idealerweise persönlich anlegen?
Wenn Sie diese 100.000 Euro gerade durch eine Schenkung, einen Gewinn, einen Bonus o. ä. erhalten habe, empfehle ich Ihnen 5.000 bis 10.000 euro komplett unsinnig auszugeben. Ein Wochenende mit ihrem Traum-Ferrari, ein Kurztrip an die Côte d’Azur oder das schönste Essen in einem Top-Restaurant mit Familie und Freunden. Es gibt sehr ernstzunehmende Untersuchungen, die feststellen, dass ein plötzlicher Vermögenszufluss am ehesten erhalten bleibt, wenn man für einen kleinen Teil eine verrückte Ausgabe tätig.
Für den Rest eine Anlageempfehlung abzugeben, hängt von der Lebenssituation ab. Als Faustregel kann man sagen. Je unternehmerischer die laufenden Einnahmen sind, desto geringer sollte die Aktienquote sein. Wir haben bei Schön & Co Milliardäre, für die wir nennenswerte Vermögen in Anleihen und Rohstoffbeimischungen verwalten. Umgekehrt kann ein jüngerer Beamter auch 80% Aktienquote haben.
Gibt es Branchen, die für Sie aus Anlegersicht extrem spannend in der Zukunft sein werden?
Derzeit redet jeder über Künstliche Intelligenz (KI), aber da würde ich lieber auf Rohstoffkonzerne setzen und deren Nachhaltigkeitsdefizit durch Unternehmen ausgleichen, die sich um Trinkwasseraufbereitung kümmern. Sauberes Wasser wird in den kommenden Jahrzehnten ein knapperes Gut. Luxus und Sicherheit sind sicherlich weitere Trends, die bis in die 2030iger Jahre erfolgversprechend sind.
Was halten Sie von Sachwerten wie Uhren, Kunst und Autos, um das eigene Portfolio breiter aufzustellen?
Wenn man ein bestimmtes Vermögen erreicht hat, ist das Risiko mehr vom Gleichen zu tun, relativ groß. Deswegen muss man dann überlegen, wie man diversifizieren kann. Aber man darf nicht vergessen, aber auch die von Ihnen sogenannten Sachwerte korrelieren mit klassischen Anlagen an den Kapitalmärkten. Luxus-Autos und Luxus-Uhren sind klassische „good-time-assets“.
Dann ist aber auch das Aktienumfeld positiv, die Zinsen bei Anleihen attraktiv und die Wertentwicklung der Immobilien geht nach oben. Deswegen würde ich diesen Bereich weniger unter finanzieller Rendite, sondern ideeller Rendite sehen. Wenn es mir Freude macht, eine tolle Uhr zu haben oder ein Gemälde jeden Tag betrachten zu können, ist auch dies eine Form von Anlageerfolg.
Finanziell frei: Der Traum vieler junger Menschen. Fluch oder Segen zugleich? Was ist ihre persönliche Meinung dazu?
Der Jesuitenpater Rupert Lay hat einmal gesagt, man müsse das Chaos in sich tragen, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Übertragen auf finanziellen Erfolg lässt sich schon feststellen: Wer mit einem gewissen Vermögen aufgewachsen und so einen entspannteren Umgang mit Geld erlebt hat, hat bessere Voraussetzungen materiell erfolgreich zu sein.
Deswegen arbeite ich ja auch mit unserer gemeinnützigen Stiftung insbesondere an der Bekämpfung von Kinderarmut. Zum einen ist dies gesellschaftlich geboten, zum anderen: Je weniger arme Kinder es gibt, desto wohlhabend ist eine Gesellschaft auch mittel- und langfristig.
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