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Feuilleton Literatur Musik 23. August 2015

Literarisches Sixpack mit Ulf Poschardt

„Es sind Augustbücher, nicht zu dick, für den Strand, das Freibad, abends auf dem Balkon, oder im Zug. Leichte Kost, irgendwie, und doch für mich unvergesslich.“ , schreibt Ulf Poschardt. Und ja, treffender lässt es sich nicht formulieren. And here we are: eine neue Folge „Literarisches Sixpack“.

  1. Cesare Pavese: „Die einsamen Frauen“. Der italienische Supermelancholiker hat einen megamodernen Sound, der das Streben der Menschen nach dem Unglück staunend beschreibt und dabei immer wieder zum schwarzen Loch der Existenz vorstößt, dem Selbstmord. 1950 setzte Pavese seinem Leben 41jährig ein Ende.
  2. Thomas Bernhard: „Wittgensteins Neffe“. Der österreichische Filigranmelancholiker und Sprachmelodiker verlässt in diesem kleinen Roman seine misanthropische Zitadelle. Dabei gelingt ihm ein zartes, ja rührendes Buch über Freundschaft und Wahnsinn. Und wie immer: jede Menge heitere Zwanghaftigkeitswiederholungen.
  3. Charles Bukowski: „Das Schlimmste kommt noch oder fast eine Jugend“. Der amerikanische Hardcore-Melancholiker erzählt wie es dazu kam, dass er wurde, was er war: Ein Säufer und Außenseiter. Unvergesslich die Szene, wie seine eitrigen Pickel auf dem Rücken so aufgebohrt wurden, dass die gelb-rote Soße in fleischigen Gräben zu Boden rauschte. Pubertätsklassiker.
  4. Robert Walser: „Jakob von Gunten“ Der beste Melancholiker überhaupt, der beste Schriftsteller deutscher Sprache: „Ich packe. Ja, wir beide, der Vorsteher und ich, wir sind mit Packen, mit richtigem Zusammenpacken, Abbrechen, Aufräumen, Auseinanderzerren, Schieben und Rücken beschäftigt. Wir werden reisen. Schon gut. Mir paßt dieser Mensch, und ich frage mich nicht mehr, warum. Ich fühle, daß das Leben Wallungen verlangt, nicht Überlegungen.“
  5. Gilles Deleuze / Félix Guattari: „Rhizom“ Der Bestseller aus dem Merve-Verlag. Eine Theorie des Internets, bevor dieses Wirklichkeit wurde. Ein Feuerwerk theoretischer Assoziationsextasen und dabei ganz nahe an der Wirklichkeit, die nur die beiden Franzosen auf uns zurollen sah. Grandiose kopfrotierende Philosophie.
  6. Martin Heidegger: „Die Technik und die Kehre.“ Der ganze Heidegger in einem Essay komprimiert. Seine Angst, seine visionäre Kraft, die ganz durch das Starren in den Rückspiegel zu entstehen schien. In Zeiten autonomer Autos, Facebook und geklonten Ohren Pflichtlektüre auch für Nicht-Kulturpessimisten.

Vor 20 Jahren, also im Jahr 1995 schrieb Ulf Poschardt (aktuell Stv. Chefredakteur der Welt Gruppe) seine Dissertation an der Humboldt Universität Berlin mit dem Titel „DJ Culture“. Etwa 10 Jahre später fiel mir seine Arbeit – zeitgleich mit dem Kauf von zwei Technics 1210er – zum ersten mal in die Hände und ist seitdem nicht mehr aus meinem Bücherregal wegzudenken. Zehn Jahre später halte ich Poschardts „DJ-Bibel“ als aktualisierte Ausgabe mit einem Nachwort von DJ Westbam in den Händen. Was sich jedoch nicht verändert hat: das Gefühl beim Durchblättern von über 500 Seiten „DJ-Culture“. Es fühlt sich immer noch genauso gut an, wie damals, als ich noch mitten in der Pubertät steckte. Nicht nur ein Stück DJ-Geschichte, sondern auch ein Teil meiner Jugend.

Um was geht es?

„DJ Culture« erzählt die Geschichte der Popkultur als Geschichte der Diskjockeys – von den ersten Radio-DJs der 30er Jahre bis heute. DJs sind die Helden und geheimen Vorbilder unserer Kultur. Aus Altem schaffen sie Neues: unpathetisch, cool, revolutionär.

Im Juli 1877 brüllte Thomas Edison sein erstes »Hallo« in ein Telefonmundstück und ließ den Lärm von einem Phonographen aufzeichnen. So begann die Geschichte des Plattenspielers, den der DJ zu einer Revolution in der Popmusik nutzen sollte, bis hin zum Spätkapitalisten-Phänomen des Hyper-DJs. Neil Tennant von den Pet Shop Boys ist sich ganz sicher: »Auf Dauer sind zwei Plattenspieler und ein Mischpult aufregender als fünf Gitarrensaiten.« Diese aktualisierte Ausgabe zum 20. Jahrestag der Erstveröffentlichung wurde um ein Nachwort des wichtigsten DJs unserer Zeit, DJ Westbam, ergänzt.“ (Quelle: Klett-Cotta)

2 Kommentare

  1. Jens Dono

    Die DJ Kultur ist Ihnen also in die Hände gefallen, steht bei Ihnen im Bücherregal und wird gerne ab und an beblättert. Haben Sie das Buch denn auch gelesen? Wie fanden Sie es?

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