Wer heute ein Museum besuchen wird, kann sich in der Regel auf eine Sache gefasst machen: Immer mehr Besucher wenden sich von den ausgestellten Stücken in den Ausstellungsräumen ab, um eine Metallstange auszufahren, an deren Ende ein Smartphone befestigt ist, um sich von seiner besten Seite zu fotografieren. Kurz: der Selfie-Stick. Die Kunst im Hintergrund: nicht mehr als eine fade Kulisse. Spätestens seit dem Weihnachtsfest 2014 wird es wohl kaum jemanden mehr geben, der nicht in seinem näheren Umfeld jemanden kennt, der einen solch sonderbaren Selfie-Stick besitzt. Oder gar selbst eine geschenkt bekommen hat.
Wie konnte das passieren?
Natürlich stammt jene Erfindung aus Asien und ist eigentlich als Reise-Gadget gedacht, dass dazu dient sich vor Sehenswürdigkeiten auf der ganzen Welt gekonnt in Pose zu bringen. Der Internethandel ist voll von Selfie-Sticks in allen erdenklichen Ausführungen, die den ausgestreckten Arm ersetzen: für das Smartphone mit Handyhalterung oder noch schlimmer für die schwere Spiegelreflexkamera mit einem stabilen Schraubgewinde. Wie konnte sich nur eine solche dumme Idee durchsetzen? Während ich versuche das Gemälde vor mir zu erkennen, kämpfen mindestens zwei weitere Museumsbesucher im Wettstreit mit ihren Teleskopstangen um das bessere Selfie. Ein regelrechter Fechtkampf entsteht. Wäre ich nicht so unglaublich genervt von dieser schrecklichen Erfindung, hätte ich mich angeboten von den Besuchern jeweils ein schönes Bild vor dem Warhol, der zum Objekt der Selfiesüchtigen geworden ist, zu machen. Doch keine Chance: der Kampf wird immer verbitterter.
Und nun?
Eines Tages wird es nicht mehr möglich sein, ein Museum zu besuchen, indem nicht um das beste Selfie in einem Wald aus Teleskopstangen gestritten wird. Spätestens dann werde ich mir vermutlich auch eine solche Stange als Wallgucker zulegen, um über die anderen Stangen mit meinem befestigen Smartphone hinwegzusehen. Oder vielleicht doch gleich lieber mit einer Drohne? Und übrigens: in Südkorea ist das Knipsen mit Teleskopstangen verboten und wird mit einer Haftstrafe bis zu drei Jahren sanktioniert. Die Behörden sehen nämlich in den Selfie-Sticks mit integriertem Auslöser eine große Gefahr wegen der entstehenden Funksignale. Ich sehe eher die Gefahr von einer solchen Stange irgendwann aufgespießt zu werden.
In Zukunft wird Jessy Asmus immer mal wieder eine Kolumne auf Blog Bohème illustrieren. Aber Sie macht natürlich noch viel mehr tolle Dinge. Hier geht es zu ihrer Homepage. Feel free to share…
Hallo Michael,
schönen Beitrag hast Du da geschrieben. Aber ganz so schlimm ist die Situation in Museen und an Touristenattraktionen ja glücklicherweise auch nicht 🙂
Mittlerweile gibt es ja in vielen Museen, bei Konzerten oder in Parks entsprechende Selfie Stick Verbote damit einem eben nicht die ganze Zeit mit einem Selfie Stick im Gesicht rumgewedelt wird. Aber eigentlich schade das man dafür extra Verbote aussprechen muss – das sollte doch bei etwas gesundem Menschenverstand und Rücksichtnahme auf seine Mitmenschen nicht notwendig sein..
Achja Du hast da auch einen kleinen Fehler in deinem Beitrag: Selfie Sticks sind in Südkorea nicht generell verboten. Sondern nur der Verkauf (bzw. die Nutzung) von nicht zertifizierten Selfie Sticks (aus dem von dir genannten Grund – da minderwertige Bluetooth Auslöser andere Geräte stören könnten). Aber abgesehen davon liegen Selfie Sticks dort immer noch voll im Trend und sind sehr häufig anzutreffen 😉
Viele Grüe,
Flo
Guter Beitrag. In Situationen wie in einem Museum braucht man wirklich keine Selfiesticks.
Dennoch finde ich sind Sie in der ein oder anderen Situation einfach ein praktisches Gadget.
Kurz gesagt es ist okay wenn man einen hat, aber man soltle es nicht übertreiben, sonst wird es schnell peinlich.
Grüße Kunz