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Deutschland Travel 7. März 2023

Warnemünde im Winter(schlaf)

Das Seebad Warnemünde, einst beschaulicher Fischerort an der Warnow, wird von seinen Besuchern seit Jahren förmlich überrannt. Zumindest vom Frühjahr bis in den Spätsommer. Doch wie sieht es eigentlich im Winter aus, wenn die wichtigste Kreuzfahrtdestination Deutschlands und der wie oft in englischsprachigen Reiseprospekten bezeichnete „Berlin-Harbour“ eine kurze Verschnaufpause einlegt?

Unter der Woche ist es ruhig und beschaulich. Am Morgen, so gegen neun, teilt man sich den Alten Strom mit den Einheimischen und den Fischern, die aufgereiht an der Kaimauer des Kanals stehen und reizende Namen wie „Backfisch-Tilo“, „Backfisch-Udo“ und „Futterkutter“ tragen. Fisch aus der Ostsee gibt es dort allerdings nur noch selten zu kaufen. Das dürfte wohl der leer gefischten Ostsee zu verdanken sein. Ein paar Jogger drehen einsam ihre Runden, Einheimische radeln durch den Ort und die vielen Ausflugsboote schaukeln bedächtig im Alten Strom vor sich hin. Die Möwen kreischen und warten auf die ersten Touristen.

Auch gegen Mittag ist der Fischmarkt auf der Mittelmole und der Platz um die Drehbrücke über den Strom, der in den warmen Monaten total überlaufen ist, angenehm friedlich. Vor dem „Fischhus Min Herzing Strand“ hat sich eine lange Warteschlange gebildet. Hier scheint es wohl das beste Fischbrötchen Warnemündes zu geben. Zumindest wird darüber in der Warteschlange eifrig diskutiert.

Obwohl es Winter ist, der Wind ganz schön bläst, es immer mal wieder regnet, ist dennoch einiges geboten in Warnemünde. Cafés, Restaurants und auch Eisdielen sind gut besucht, sämtliche Geschäfte, Modeboutiquen und Geschenkläden zwischen Fischmarkt, Teepott und Sky Bar geöffnet. Das mag wohl auch daran liegen, dass das Seebad Warnemünde eigentlich ein Vorort von Rostock ist, auch wenn das die etwa 8000 Warnemünder gar nicht gerne hören.

Die Geschichte „Vernemündes“ reicht bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts zurück. Damals gründeten Dänen an der Mündung der Warnow in die Ostsee eine Siedlung, die den Königen der „Dänen und Slawen“ als Residenz diente. Später wurde der Ort zur Befestigungsanlage ausgebaut. Anfang des 14. Jahrhunderts trieben die mecklenburgischen Fürsten die Dänen zurück. Das nächste wichtigste Jahr für Warnemünde war 1888. Eine „Badeverwaltung“ wurde gegründet, die schon damals als eine der ersten an der Küste auf die Idee kam, eine Art Kurtaxe von den Gästen zu verlangen. Der Grundstein für die Entwicklung zum Badeort war geboren.

Am Strand der so breit ist, dass problemlos zwei Fußballfelder nebeneinander Platz finden würden, ist in Relation zum Sommer wenig los. Haushohe Fähren machen sich alle paar Stunden auf dem Weg Richtung Skandinavien. Die Strandkörbe befinden sich noch im Winterquartier, die übrigens vor über 140 Jahren zum ersten Mal in Warnemünde geflochten wurden. Die Erfindung ist dem Rheumatismus einer gewissen Elfriede Maltzahn zu verdanken. Sie beauftragte 1882 den Warnemünder Hof-Korbmacher Wilhelm Bartmann, eine Sitzgelegenheit zu fertigen, die sie am Strand vor dem Wind schützte.

Eine Gruppe rüstiger Rentner mit Nordic Walking Stöcken stapft durch den Sand Richtung Hotel Neptun. Einige Hundebesitzer sind unterwegs. Kleine Kinder, eingepackt in Eskimo-Anzügen spielen im Sand und die Eltern nutzen die Gelegenheit, um mal wieder richtig durchzuatmen. Und auch die Gruppe der Rostocker Seehunde lässt sich nicht von 5 Grad Wassertemperatur abschrecken, um einmal in der Woche in der Ostsee für wenige Minuten zu schwimmen.

Wohlig warm hingegen ist es in der Grillstube Broiler des Hotel Neptun, die erstaunlicherweise zu jeder Uhrzeit ausgebucht ist. Reservierung ausgeschlossen. Und das bereits seit mehr als 50 Jahren. Richtig gut aushalten kann man es auch in der Sky-Bar des Hotel Neptun mit umwerfenden Blick auf die Ostsee. Einen schöneren Überblick über Warnemünde hat man nur vom 32 Meter hohen Leuchtturm, der 1897 aus weiß glasierten Ziegelsteinen erbaut wurde.

© Philipp Deus / Unsplash

Meeresluft macht hungrig und müde. Während die „feine“ Seite Warnemündes mit ihren Villen, Hotels, dem Kurhaus, dem Park nicht unbedingt mit kulinarischen Highlights lockt, findet man in der Mühlenstraße sehr solide Restaurants wie beispielsweise das fabelhaft, den Italiener al Mulino oder in der Poststraße den Asia Palast. Und übernachten kann man besonders ausgefallen im Dock Inn unweit der Warnemünder Werft. Wohl „Deutschlands coolstes Hostel ever“, wie der Lonely Planet schreibt.

Das überschaubare Warnemünde im Winter ist besonders. Vor allem in einer Zeit, in der die Welt immer unübersichtlicher und zumindest gefühlt hektischer wird. Ein Glück, dass der Expresszug aus Berlin mehrmals täglich in unter drei Stunden nahezu bis an den breitesten Strand der deutschen Ostseeküste fährt.

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