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Best Of Feuilleton Literatur People Travel 17. Januar 2022

Literarisches Sixpack mit Carsten Stormer

Eigentlich wollte Carsten Stormer Kapitän werden und die Weltmeere befahren. Die Lehre zum nautischen Offiziersassistenten hat er jedoch abgebrochen. Stattdessen arbeitete er als Speditionskaufmann sowie Barkeeper und reiste mit dem Rucksack durch die Welt. Eine gute Grundlage, um Journalist zu werden.

Er wurde Reporter bei der Phnom Penh Post in Kambodscha und bei der Myanmar Times in Myanmar und arbeitet seit 2004 als freier Journalist. Sein Schwerpunkt: Reportagen aus Asien und Krisengebieten. Seine Reportagen erscheinen unter anderem in Der Spiegel, GEO, Die Zeit, Cicero, NZZ am Sonntag.

Welche Lektüre sich auf langen Reisen lohnt, hat uns Carsten in einer neuen Folge unseres „Literarischen Sixpacks“ verraten.

1.) Alexandre Dumas – Graf von Monte Christo

Das Buch begleitet mich schon mein ganzes Leben lang, dutzende Male gelesen. Liebe, Verrat, Krieg, Schatzsuche, Rache, Vergeltung, Vergebung. Ganz großes Kino. Ein Buch, das man überall und immer lesen kann. Eine zeitlose Geschichte, wie die unendliche Geschichte und alle Bücher der Harry Potter Reihe. Bessere Unterhaltung geht nicht. Empfehlenswert vor allem auf langen Bahnreisen, zum Beispiel von Ulan Bator nach Moskau.

2.) Larry Collins und Dominique Lapierre – Freedom at Midnight 

Zeitgeschichte spannend wie ein Roman. Für mich das Beste, was man über den Unabhängigkeitskampf auf dem indischen Subkontinent lesen kann. Mahatma Gandhi, Mohammed Ali Jinnah, Lord Mountbatten, britische Kolonialisten und indische Freiheitskämpfer. Eine Hymne an die Idee des gewaltlosen Widerstands. Und wie sich die Fehler von damals bis heute auswirken. Stichwort: Pakistan und Bangladesch. Am besten auf langen Zugreisen in Indien lesen, zum Beispiel von Chennai nach Kanyakumari, der südlichsten Stadt Indiens. Dort steht ein Gandhi Denkmal, weil dort nach dessen Tod seine Asche in 12 Urnen aufbewahrt wurde.

3.) Thomas Kenally – Schindlers Liste 

Pflichtlektüre. Weil weder der Horror des Holocausts noch der Mut Oscar Schindlers jemals in Vergessenheit geraten dürfen. Und eine Erinnerung, warum man nicht mit Faschisten marschiert. Am besten auf einer langen Busreise in Polen zu lesen, zum Beispiel von Warschau nach Auschwitz.

4.) Gabriel García Márquez – Nachricht von einer Entführung 

Der atemberaubende und minutiöse Ablauf einer Entführung in Kolumbien, meisterhaft erzählt. Thriller, Reportage, Zeitdokument. Am Schicksal von zehn 1990 vom Medellin-Kartell entführten Journalisten und Angehörigen einflussreicher Familien zeigt García Márquez deren Erlebnisse im Trauma der Gewalt, die politischen Verhältnisse in Kolumbien und die Macht Pablo Escobars. Am besten auf einer langen Sammeltaxifahrt von Bogota nach Cali lesen.

5.) Antonio Skármeta – Mit brennender Geduld 

Eines der schönsten Bücher über die Macht der Liebe und der Poesie. Der einfache Postbote Mario freundet sich mit dem im italienischen Exil lebenden chilenischen Dichter Pablo Neruda an, und lernt von ihm die Magie der Poesie, erobert so seine große Liebe, die schöne Beatrice. Zum Niederknien. Am besten zu lesen: Überall, immer und immer wieder. Zwischendurch gerne auch den Film „Il Postino“ schauen.

6.) David Benioff – Stadt der Diebe 

Leningrad im Januar 1942: Der 17-jährige Lew und der Deserteur Kolja sollen innerhalb von sechs Tagen im belagerten und ausgehungerten Leningrad zwölf Eier für eine Hochzeitstorte auftreiben. Gelingt es ihnen nicht, werden sie zum Tode verurteilt. Eine atemberaubende, aberwitzige, berührende und tragikomische Geschichte über den Irrsinn des Krieges und des Hungers und wie in dem Wahnsinn trotzdem große Freundschaft und Menschlichkeit entstehen kann. Der Schluss hat mich so aus der Fassung gebracht, dass ich ungewollt und urplötzlich zu weinen begonnen habe.

 

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