Seit über 125 Jahren stellt die Marke Mono am Produktionsstandort in Mettmann Designprodukte für den gedeckten Tisch in Manufakturarbeit her und fertigt seit 1959 die als Design-Klassiker geltende Besteckserie Mono A. Seitdem strebt Mono danach in Zusammenarbeit mit Designern und Designerinnen Produkte zu entwickeln, die keiner Mode folgen, sondern Moden überdauern. Und das erstaunlich erfolgreich.
Wir haben Johannes Seibel, bereits in sechster Generation des Familienunternehmens zum Interview getroffen.
Das Unternehmen Mono gibt es schon seit dem Jahr 1895. Kannst du uns etwas über die Entstehung sowie die Höhen und Tiefen eines Familienunternehmens verraten?
Da muss ich etwas ausholen. Wilhelm Seibel I gründete 1895, im Alter von 51 Jahren eine eigene Besteckfirma, nachdem er Jahre zuvor von Hessen nach Mettmann im Rheinland zog, um Arbeit zu finden. Seine Besteckmarke nannte er “Kleeblatt” – er war Vater von vier Söhnen – und wählte passend als Logo ein vierblättriges Kleeblatt. Die Firma lief so gut, dass er 1911 noch ein zweites Besteckunternehmen in seiner hessischen Heimat gründete, das später von seinen beiden jüngeren Söhnen übernommen wurde.
Mein Großvater Wilhelm Seibel IV, der vergangenes Jahr im Alter von 89 verstorben ist, machte eine Ausbildung bei Kleeblatt und war später für den Vertrieb verantwortlich. Das Unternehmen hatte damals fast 1000 Mitarbeiter. Im Laufe der 1960er und 1970er Jahr ging es dann aber steil bergab. Der Nachkriegsbedarf war gedeckt und günstigere Importe aus Asien machten Konkurrenz. In der Folge ging die deutsche Besteckindustrie um 90% zurück.
So kam es, dass mein Opa, der Industriellensohn, um 1970 auf einmal arbeitssuchend war. Der Betrieb in Hessen bestand jedoch weiterhin. Denn Herbert Seibel (3. Generation Familienunternehmen) hatte sich Ende der 50er-Jahre auf die Nische „Qualität und Design“ konzentriert. Zusammen mit dem Designer Peter Raacke entwickelte er das Mono A Besteck und legte damit den Grundstein für die Marke Mono. Diese Strategie sicherte vorerst das Fortbestehen. Ende der 70er Jahre stand die Firma aber kurz vor dem Aus, woraufhin Herbert Seibel meinen Opa Wilhelm Seibel IV kontaktierte. Nachdem dieser zwischenzeitlich erfolgreich den Vertrieb für eine spanische Besteckfirma in Deutschland aufgebaut hatte, verhalf er nun Mono zu neuem Aufschwung.
Nach der Markteinführung der ersten Mono Teekanne 1983, wurde die Manufaktur Ende der 80er von Hessen nach Mettmann verlegt. Die 80er und 90er Jahre waren für Mono eine Erfolgsgeschichte. Mein Vater trat in 5. Generation die Nachfolge meines Großvaters an und hat genau wie Wilhelm I wieder vier Söhne. Zwei davon sind seit 7 Jahren im Unternehmen und mittlerweile Geschäftsführer, einer davon bin ich.
Seit der Gründung haben sich durch den technischen Fortschritt und die Digitalisierung sicherlich viele Prozesse verändert. Wie schafft man es als Unternehmen trotzdem gleichbleibend hochwertige Produkte zu schaffen und traditionelle Verfahren mit modernen zu verbinden?
Ich weiß, dass mein Opa ganz froh war, dass er es geschafft hat ohne ernsthafete Computerarbeit in Rente zu gehen. Mein Vater ist die Generation, die die komplette Warenwirtschaft digitalisiert hat. Seitdem mein Bruder und ich dabei sind, haben wir viel in digitale Kommunikation investiert und die Geschichte wiederholt sich: Mein Vater ist ganz froh drum, dass er kein Social Media Experte mehr werden musste. In dieser langen Historie hat sich einerseits natürlich ganz viel verändert, andererseits ist bei uns überraschend viel gleichgeblieben.
Wir arbeiten mit Maschinen, die über 50 Jahre alt sind und mit den gleichen Techniken wie die Generationen vor uns. Die oberste Prämisse bleibt 100% Qualität und wir müssen immer wieder herausfinden, wie wir diese mit den heutigen Möglichkeiten bei verkaufbaren Stückzaheln realisieren können. In unserer Nische als Besteckmanufaktur bleibt der größte Teil Handarbeit. Wir beobachten die Entwicklung in der Branche gespannt und sind Innovationen gegenüber mehr als aufgeschlossen. Regelmäßig durchdenken wir mögliche Erneuerungsszenarien und stellen fest, dass unsere Produktionsweise bei Mono für den Anspruch an die Qualität unserer Designpodukte nach heutigem Stand die für uns bestmögliche ist. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt.
Welches Produkt aus dem Mono Sortiment ist dein persönlicher Favorit?
Das ist natürlich eine super schwere Frage. Beim Besteck in meiner Wohnung habe ich es so gelöst, dass ich von verschiedenen Modellen Bestecksets habe. Somit kann ich alle ausprobieren, weiß welche Gäste welches Modell besonders mögen und muss mich nicht für eins entscheiden. Ein Lieblingsprodukt ist das Mono Fondue. Zum einen ist es ein wunderschönes, perfekt funktionierendes Fondue mit schönen, intelligenten Details. Zum andern verbinde ich damit viele schöne Abende in bester Tischgesellschaft. Am Ende sind aber alle Mono Produkte Favorit.
Wir sind bei neuen Produkten, die wir einführen, sehr konsequent. Wir erweitern unser Portfolio nicht, um regelmäßig Neuheiten zu haben, sondern wir müssen zu 100% überzeugt sein. Unser neues Mono V von Designer Mark Braun zum Beispiel, ist das erste Mono Besteck seit 20 Jahren. Das liegt nicht daran, dass wir vorher nicht an Besteckdesigns gearbeitet hätten, aber es hat uns nie zufriedengestellt. Bei Mono V war das anders.
Mono wird in der 6. Generation als Familienbetrieb geführt, wie schafft man es die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bekommen?
Ich leite zusammen mit meinem Vater Wilhelm und meinem Bruder Matthias Seibel das Familienunternehmen. Wir schätzen uns glücklich, dass wir bei den Grundüberzeugungen sehr synchron sind. Wir wollen an lokaler Manufakturfertigung festhalten, keine Kompromisse bei Qualität machen und nicht um jeden Preis wachsen. Weder Matthias noch ich wussten im Studium, dass wir einmal in das Familienunternehmen einsteigen möchten und nun könnten wir uns kaum besser ergänzen. Matthias leitet als Maschinenbauingenieur den Betrieb und kennt alle Details der Produktion.
Ich habe nach meinem Studium als Markenstratege gearbeitet und kümmere mich nun um Kreativdirektion und Vertrieb. Im Detail gibt es natürlich mal unterschiedliche Meinungen, dann wird diskutiert und im Zweifel auf die Meinung der Person vertraut, die in dem Bereich die meiste Kompetenz oder Erfahrung hat. Zuhören, ein respektvoller Umgang und neben dem Familienunternehmen guten Ausgleich durch Familie, Freunde und Hobbys zu haben sind meiner Meinung drei wichtige Zutaten.
Unsere Welt ist immer schnelllebiger und der permanente Konsum unserer Zeit sorgt dafür, dass die Qualität meist leidet. Wie steht ihr dem Thema Nachhaltigkeit gegenüber und ist beispielsweise ein Mono Besteck-Set ein Produkt für die Ewigkeit?
Das die Grundidee von Mono – Produkte entwickeln, die keiner Mode folgen, sondern Moden überdauern, Gegenstände zu gestalten, die nicht nur dekorieren, sondern funktionieren und mit höchstem Anspruch an Verarbeitung, Material und dessen Herkunft hergestellt werden. Das Ergebnis sind Produkte des täglichen Gebrauchs die jahrzehnte lang funktionieren und die einem heute genauso gut gefallen wie in zehn oder 20 Jahren. Um das weiter zu unterstützen, bieten wir an, Bestecke wieder aufzuarbeiten und Klingen zu schärfen oder zu reparieren.
Für unsere Teekannen und weitere Produkte kann man Ersatzteile einzeln nachkaufen. Die Langlebigkeit von Mono Produkten ist wahrscheinlich unser wichtigster Beitrag zu Nachhaltigkeit. Darüber hinaus sind wir stetig dabei unserer Produktion und weitere Aspekte zu optimieren. An sonnigen Tagen deckt unsere Photovoltaikanlage den gesamten Strombedarf. Viele Kolleg:innen kommen mit dem Firmen E-Bike zur Arbeit und bei Verpackungen nutzen wir möglichst wenig und ausschließlich recyclebare Materialien.
Mono arbeitet oft mit Produkt-Designern zusammen um langlebige und einzigartige Stücke zu schaffen. Wie findet so eine Zusammenarbeit und der Design-Prozess an sich statt?
Bei der Produktentwicklung sind bei uns viele Leute am Tisch. Externe Designer:innen sind die Ideengeber und für Funktion und Ästhetik verantwortlich. Intern müssen wir prüfen, ob wir eine Idee sinnvoll umsetzten und seriell fertigen können, zu einem Preis, zu dem es gekauft wird und ob das Produkt in unser Portfolio und zur Marke passt. Das Initial kann die Idee einer Designerin oder eines Designers, die oder der uns damit kontaktiert oder wir sind diejenigen, die Kontakt aufnehmen, weil wir gerne einmal mit einer Person oder einem Studio zusammenarbeiten wollen.
Je nachdem schreiben wir ein konkretes oder etwas offeneres Briefing. Anschließend liegt der Arbeitsschwerpunkt erst einmal bei der Designerin oder dem Designer in regelmäßiger Abstimmung mit uns. In der zweiten Hälfte einer Produktentwicklung liegt der Aufwand dann schwerpunktmäßig bei uns in regelmäßiger Abstimmung mit der Designer:in, um die fertige Idee in ein seriell herstellbares Produkt zu überführen. In dem Prozess stoßen wir immer wieder auf Probleme, müssen Lösungen finden, manchmal Kompromisse machen. Am Ende müssen aber alle Beteiligten zu 100% zufrieden sein, sonst müssten wir weiter daran arbeiten oder das Projekt einstellen.
Es ist auch schon passiert, dass wir nach vielen Monaten Produktentwicklung ein Projekt wieder in die Schublade legen mussten. Das passiert zum Glück sehr selten. Meistens können wir mit der gesammelten Erfahrung schon früh abschätzen, ob wir eine Idee auf den Markt bringen werden oder nicht.
Wo findest du Inspiration für deine Arbeit und in wieweit spielt die Umgebung dabei eine Rolle?
Inspiration finde ich überall. Unterwegs, auf der Straße, auf Reisen, im Internet, im Austausch, in Ausstellungen, Magazinen, bei großartigen Marken und Firmen unterschiedlicher Branchen. Ich wohne seit über zehn Jahren mit Unterbrechungen in Berlin und bin regelmäßig in der Mono Manufaktur in Mettmann. Zudem bin ich beruflich und privat recht viel unterwegs. Davon profitiere ich in meiner Arbeit sehr. Man muss in Bewegung und im Austausch bleiben, dann passieren Dinge, Türen öffnen sich, Ideen entstehen und man muss “nur noch” entscheiden, welche man davon öffnet und verfolgt.
Von 2022 bis 2023 habe ich außerdem einen “Inspirational Boost” eingeschoben und neben meiner Arbeit ein Design-Studium in Lausanne in der Schweiz absolviert. Dort war ich im täglichen Austausch mit den 17 jungen Kreativen meiner Studienklasse und Leuten anderer Felder wie Typographie oder Fotografie und konnte mit Marken wie Audemars Piguet oder Hermès zusammenarbeiten. Von dieser Erfahrung, der Inspiration und den entstandenen Beziehungen profitiere ich sehr in meiner Arbeit.
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