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Feuilleton Fotografie Musik 13. Mai 2015

Gesucht & gefunden: Lennon & Ono

„Er wäre ja schon ganz recht. Aber sie? Keine Ahnung was der an ihr findet.“ Schon mal gehört, oder? Kommentare wie diese gibt es nicht nur jetzt zur Frühlingszeit, wenn die ersten Pärchen wieder Händchen haltend durch die Fußgängerzonen und Parks der Städte schlendern. Manche Paare werden von ihrem Umfeld ein ganzes Leben lang misstrauisch beäugt. „Sie hätte ja wirklich jeden haben können. Aber den? Eine ganz schöne Verschwendung.“ Eine zeitgenössische Reaktion darauf könnten die zahllosen Dating-Apps sein, die aktuell wie Pilze aus dem Boden sprießen und bei denen man angeblich den zu hundert Prozent passenden Traumpartner findet. Elite versteht sich. Eh klar, oder? Ab sofort also nur noch Ken und Barbie-Paare soweit das Auge reicht. Wo bleibt da der Reiz? Heißt es denn nicht: Gegensätze ziehen sich an?

Wie Pech und Schwefel

Wohl nur wenige Paare der Pop-Kultur haben so polarisiert wie John Lennon und Yoko Ono – war der Beatle doch vor seiner Ehe mit der aus Japan stammenden Performance-Künstlerin, mit einer Frau verheiratet, die ihm zuerst wegen der Ähnlichkeit zu seinem Jugendschwarm Bridget Bardot ins Auge fiel. So bekundeten viele Fans ganz offen ihren Hass auf Ono, die sie für die Trennung der Beatles verantwortlich machten und so anders war, wie die Frauen gegen deren Schönheitsideale Ono offen demonstrierte. Getreu dem Motto Liebe macht blind, erklärten sich viele Fans die experimentellen Projekte Lennons, die er mit Ono unternahm, als eine Phase, die hoffentlich wieder schnell vorbei geht. Ging sie aber nicht. Bis zu Lennons Ermordung im Jahr 1980 waren die beiden egal ob Musik, Kunst oder auch als Familie mit Sohn Sean unzertrennlich.

„Yoko gab bei allem die Richtung vor: Öffentlichkeitsarbeit, Ma nage ment,  Telefonate. Bei allem. John war absolut auf die Musik konzen triert. Das  nahm ihn im Studio sehr in Anspruch.“ © Kishin Shinoyama. John Lennon & Yoko Ono. Double Fantasy
„Yoko gab bei allem die Richtung vor: Öffentlichkeitsarbeit, Management, Telefonate. Bei allem. John war absolut auf die Musik konzentriert. Das nahm ihn im Studio sehr in Anspruch.“ © Kishin Shinoyama. John Lennon & Yoko Ono. Double Fantasy

Vom Suchen und Finden

Was fanden die beiden auf den ersten Blick so unterschiedlichen Menschen aneinander? Yoko Ono schrieb im gleichnamigen Song: „Every man has a woman who loves him. If he finds her in this life time. He will know.“ Vielleicht ging es ja schon mal dem ein oder anderen genauso und er dachte sich: Die ist es. Und sei es nur wegen vermeintlichen Kleinigkeiten, wie einer Wärmflasche im Bett, nachdem man spät abends und hundemüde nachhause gekommen ist oder dem stillen „Komm lass uns nachhause gehen“-Blick, nachdem verständnisvoll und wortlos erkannt wurde, dass der lang geplante Pärchenabend für den eigenen Partner heute eher ein Graus ist.

John Lennon hat seiner Seelenverwandten, wie er sie selbst oft bezeichnete, die ein oder andere öffentliche Liebeserklärung ausgesprochen. Neben berühmten Songs wie Oh, Yoko oder The Ballad of John & Yoko existieren zahlreiche Äußerungen des ehemaligen Beatle über die Beziehung zu Yoko. Bersonders schön ein Zitat, das das erste Treffen beschreibt: „When I met Yoko and then fell in love, well, it was „My god! This is different from anything before. This is something other. I don’t know what it is, but this is fine. Thank you, thank you, thank you! It’s more than a hit record. It’s more than gold, it’s more than everything. It’s more than. This is something indescribable!“ The initial love blinds all. Everything is under shining lights and you want everybody to be happy just like you. It’s rather dizzying.“

Kishin Shinoyama. John Lennon & Yoko Ono. Double Fantasy
„Die Sonne war schon untergegangen, doch es war noch immer hell. Menschen gingen an uns vorüber, ein paar riefen John und Yoko etwas zu, die Hand in Hand gingen, beide schwarz gekleidet, beide mit einem Lächeln im Gesicht.“ © Kishin Shinoyama. John Lennon & Yoko Ono. Double Fantasy

Double Fantasy

Nun ist mit Double Fantasy von Taschen ein Buch erschienen, das das mittlerweile ikonische Liebespaar in beeindruckenden Fotografien zeigt. Diese sind im Jahr 1980 auf Onos Wunsch für das Cover und die Promotion des hochgelobten gleichnamigen Albums entstanden – nur drei Monate vor Lennons tragischen Tod. Heute, über 30 Jahre nach ihrer Entstehung, haben diese Fotos, von denen viele noch nie veröffentlicht wurden, nichts von ihrer Faszination verloren. Schöpfer der Fotoserie ist Kishin Shinoyama, der zu den renommiertesten und umstrittensten Fotografen Japans zählt. Shinoyama ist es gelungen, das Paar an einem Wendepunkt ihrer langjährigen Beziehung zu erfassen, einer Zeit kreativer Katharsis und persönlicher Erneuerung, wie es bei Taschen heißt. Und noch etwas könnte dem Fotografen geglückt sein: Schlägt man das Buch am Ende zu, dürfte auch der letzte Lennon-Ono-Kritiker vor allem einen Gedanken im Kopf haben. Gesucht und gefunden. Topf und Deckel, Lennon und Ono. Ende.

TASCHEN

Kishin Shinoyama. John Lennon & Yoko Ono. Double Fantasy

Josh Baker
Hardcover in einer Schlagkassette, 174 Seiten, € 500

Limitierte Collector’s Edition von 1.730 nummerierten Exemplaren, signiert von Yoko Ono und Kishin Shinoyama. Auch erhältlich in zwei Art Editions von jeweils 125 Exemplaren mit einem von Kishin Shinoyama signierten Druck.

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