Springe zum Inhalt →

Personal 28. Dezember 2018

Auf der Suche nach dem Glück mit Notker Wolf

Vielleicht ist es bereits Glück, wenn man überhaupt die Möglichkeit hat, über Glück nachzudenken? Wir alle streben danach und wissen zudem oft ganz genau, was für uns Glück bedeutet. Fünf Buchstaben, die so essentiell für unser Leben sind, dass seit Menschengedenken darüber geschrieben, gesprochen, gestritten und philosophiert wird.

Google spuckt 104 000 000 Treffer aus, wenn man danach sucht. Und auch Buchhandlungen haben mittlerweile ganze Glücksabteilungen in ihrem Sortiment. Wieso mache ich mir dann überhaupt die Mühe, einen weiteren Beitrag dem Glück zu widmen? Ganz einfach: Weil wir zwar wissen, was uns glücklich macht, aber das im gleichen Atemzug oft vergessen.

Deswegen habe ich mit Notker Wolf (neunter Abtprimas der benediktinischen Konföderation) gesprochen und mich mit ihm gemeinsam auf die Suche nach dem Glück gemacht.

1. Glück: Was ist das überhaupt?

Glück ist nicht machbar. Glück ist auch nicht einfach definierbar. Glück stellt sich als Glücksgefühl nach einer vollbrachten Leistung ein. Glücklich sind Menschen, die sich lieben, besonders wenn sie zum ersten Mal verliebt sind. Glück ist aber mehr als ein momentanes Gefühl Es besteht in Lebensfreude, in der Gelassenheit, im stillen Genießen können.

2. Was macht Sie glücklich? Und was kann uns dabei helfen, dass wir uns glücklich fühlen oder glücklich werden?

Glücklich bin ich, wenn ich in der Gemeinschaft meiner Brüder bin, beim Beten, beim Essen, beim Arbeiten. Glück bedarf der Bescheidenheit. Dinge loslassen bedeutet Erleichterung, Befreiung von den Zwängen, ständig etwas zu müssen. Freiheit als Souveränität über mein Leben.

3. Konsum und Werbung verspricht uns oftmals Glück. Wie denken Sie darüber? Ist jemand automatisch glücklicher, wenn er mehr besitzt?

Glück ist eng verbunden mit der Zufriedenheit. Die Werbung möchte uns vorgaukeln, was wir angeblich zu unserem Glück brauchen. Wenn wir etwas konsumieren und unsere Freude daran haben, kommt das Verlangen nach mehr. In Wirklichkeit setzt das Glück die klare Einsicht in die Wichtigkeit der Dinge und ihrer Prioritäten voraus. Vieles wird wenige Jahre später entsorgt, weil wir es nicht gebraucht haben. Triebe können den Menschen abhängig machen: wer viel hat, möchte immer noch mehr haben. Der Treib artet in eine Sucht aus. Der Besitzende ist oft alles andere als glücklich, er verlangt nach mehr.

4. Wir alle streben nach Glück. Doch oft stehen wir uns selbst im Weg. Wieso ist das häufig so? Haben Sie vielleicht eine Erklärung für mich?

Wir stehen uns selber im Weg, wenn wir uns an vermeintliche Werte hängen. Materielle Werte können den Menschen letztlich nicht befriedigen, der Mensch ist mehr, als er isst. „Unser Herz ruht nicht eher, als bis es in dir ruht, mein Gott.“ Der Mensch ist darauf angelegt, über sich selbst hinauszuschauen. Wenn er diese tiefer liegenden Bedürfnisse mit oberflächlichen Werten abdeckt, wir er nie glücklich.

5. Was meinen Sie: Kann man auch von Glück sprechen, wenn es mal nicht so läuft, wie man es sich vorstellt?

Wenn die erhoffte Erfüllung nicht so eintritt, wie wir es uns vorstellen, können wir im ersten Moment zu Recht enttäuscht sein. Vielleicht stellt sich aber später heraus, dass es so doch besser war. Das können wir aber nicht im Vorhinein absehen. Wir müssen warten können, wir brauchen die Geduld.

6. Bereits in der Antike strebten Philosophen nach Glückseligkeit und verstanden darunter die Balance zwischen Vernunft, Trieben und Mut. Lässt sich jenes Prinzip auf heute übertragen?

Die Balance zwischen Vernunft, Trieben und Mut würde die Regel Benedikts als „rechtes Maß“, die „Mutter aller Tugenden“ bezeichnen. Diese Kunst geht heute vielen ab. Sie wollen alles absolut perfekt machen, lassen keine Fehler zu und werden hart, gnadenlos. Wir zurren alles mit Gesetzen fest, die moralische Correctness tut ihr Übriges, den Menschen nie zufrieden und glücklich werden zu lassen. Für uns ist alles machbar, nur entzieht sich das Glück der Machbarkeit.

7. Macht es überhaupt Sinn, sich über die Glücksfrage den Kopf zu zerbrechen?

Es ist gut, über das Glück nachzudenken. Dann werden wir die rechte Unterscheidung lernen und sehen, was uns zum Glück führt. Der wichtigste Weg sind die Befreiung von allem Unnötigen und die Bescheidenheit. Ich kann nicht alles haben, was ich will. Ich kann nicht alles bringen und muss es auch nicht.

Kommentare sind geschlossen.