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Best Of Feuilleton Musik 31. Mai 2017

13 dänische Bands, die Du spätestens jetzt kennen solltest

Was wurde dem Grundwasser Dänemarks eigentlich zugesetzt, dass ihre Kids so grandiose Musik machen, fragte der Musikexpress letztes Jahr anlässlich des Reeperbahn Festivals, wo eine ganze Reihe dänischer Bands das Publikum begeisterten.

Die Frage des ME ist eine ebenso überfällige wie gerechtfertigte, kommt doch seit einigen Jahren ein konstanter Strom an hochklassigen Veröffentlichungen von neuen, jungen (zum Teil sehr jungen) Bands aus Genres wie Post-Rock, Punk, Synth-Pop, R’n’B und allem dazwischen aus dem kleinen Königreich im Norden. Dieser Strom hat in den letzten zwei, drei, Jahren nochmal an Stärke zugenommen, wenn man die Beiträge gerade internationaler Medien zählt, wie sie z.B. auf NPR, Nylon, Highsnobiety oder dem Übermedium Pitchfork erscheinen, das regelmäßig dänische Bands bespricht und überaus positiv bewertet.

In Deutschland hat nicht nur der Musikexpress die Signale gehört, sondern auch das INTRO Magazin, welches Dänemarks Musik-, Kunst- und Modeszene ein ganzes Heft widmete. Dänische Bands gehen auf US-Tourneen, sind auf Festivals vertreten, rotieren weltweit bei unabhängigen Radiosendern und sind sogar bisweilen im Ausland erfolgreicher als daheim. Ein Umstand den man von deutschen, holländischen oder französischen Bands nicht unbedingt kennt. Selbst wenn man die Größe Dänemarks außer Acht lassen würde, ist die Dichte an international erfolgreichen Bands beachtlich. Doch wie machen die das, ist wirklich was im Trinkwasser, oder genießt Dänemark einfach zur Zeit ein Momentum gesteigerter Aufmerksamkeit, weil Mode, Design und Lifestyle (seit langem) gehypet werden?

Aus der Not eine Tugend gemacht

Ein Jeder kennt das Klischee mit dem guten Englisch in Skandinavien. Filme und Serien laufen beispielsweise im Original. Das gilt zwar auch für Holland, trotzdem ist es ein Fakt. Es ist aber auch ein Zwang. Willst du als Künstler von deiner Musik einigermaßen leben können und noch viel wichtiger ein Publikum erreichen, musst du in Dänemark über die Landesgrenzen hinausdenken und von Beginn an international und professionel arbeiten. Natürlich gibt es dänische Äquivalente zu Bendzko, Lindenberg und Deichkind die „nur“ mit dänischen Texten ziemlich erfolgreich sind. Weltweit wichtig für die Entwicklung von Bands sind Schulen, in Dänemark verbreitet sind die sog. Højskoler, hier gehen viele Jugendlich nach ihrer Schullaufbahn hin und beschäftigen sich mit allen Formen von Künsten und Wissenschaften. Zwar mit Lehrern, aber aus Spaß und ohne Leistungsprinzip, sondern ganz und gar der Sache wegen. Hier in Deutschland haben wir die Hamburger Schule, die auch hervorragende Musiker und Bands hervorgebracht hat, die mehrheitlich aber nicht über den deutschsprachigen Raum hinaus erfolgreich sind. Spaß beiseite: natürlich gibt es auch Popakademien und vieles andere. Doch sind jene oft teuer und dienen eher einer richtigen Ausbildung.

Der deutschsprachige Markt ist natürlich so groß, dass ein fixieren auf diesen zum finanziellem wie musikalischem Überleben reichen kann, aber der internationale Durchbruch kommt damit nicht. Wie gesagt: viele dänische Bands denken von Anfang an global und klingen auch so, was durch die Aufmerksamkeit bestätigt wird. So wird aus Sprachkenntnissen, guter Ausbildung, Freiraum und dem Druck eines überfüllten Marktes gute Musik. Von der sich die deutsche Musikszene – die nicht dem Mainstream zugewandte – definitv was abhören kann.

Gründe hin oder her, schwierig zu Belegen sind sie allemal. Was dagegen, zumindest unserer Meinung nach easy zu belegen ist: Die Qualität der Musik. Weswegen wir hier mal 12+1 Hörbeispiele gesammelt haben, nach deren anhören ihr uns unbedingt zustimmen werdet!

Falls ihr euch zudem von den Live-Qualitäten skandinavischer Bands und aus allen anderen Ecken der Welt überzeugen wollt, können wir nur das Roskilde Festival vom 24. Juni – 1. Juli empfehlen. Hier kommen neben dänischen Größen wie Trentemøller, Sort Sol und Den Sorte Skole, u.a. Headliner wie The XX, Arcade Fire, Solange, Nicolas Jahr, Future Islands, Father John Misty und Ice Cube. Dazu noch Bands aus 30 weiteren Ländern und Genres. Deutschland ist mit Odd Couple und Modeselektor/Moderat vertreten. Lest hier unseren Bericht.

Communions

Vier Jungs, die seit 2013 als Communions fungieren und schnell Pop-Rock Darlings geworden sind. Hört man eine der ersten Singles Don’t Hold Anything Back oder die beiden ersten Tracks des Debüts Blue, geschehen zwei Sachen: Man hört einerseits sofort die Strokes-Einflüsse heraus und dann wünscht man sich man wäre wieder 15, könnte auf sein erstes Festival fahren und seinen Freunden zu dieser Songs in Armen liegen, voller Glückseligkeit Umherspringen und laut mitsingen.

Blondage

Dem eine oder anderen schon als Rangleklods zu Ohren kommen, heißt dieses Projekt jetzt Blondage und hat außer Esben, nun auch Pernille fest mit an Bord. Sie steuerten in einem Gespräch auf dem Reeperbahn nicht nur einige Gedanken zur Einleitung bei, sondern veröffentlichen auch subtile, tanzbare elektronische Tracks. Rangleklods lebte von der fantastischen Stimmen Esbens, jetzt werden die Vocals geteilt und das ganze hat deutlich an Fahrt aufgenommen.

First Hate

Zwei Jungs, gerade 20, so Normcore wie man in Kopenhagen sein muss um als cool durchzugehen, machen sie die Musik die Depeche Mode berühmt gemacht hat. Ihre Songs sind der Soundtrack für Kopenhagener Drogennächte, Liebesräusche und Lustblasen. Machmal hypnotisierend, manchmal knapp am Kitsch vorbei. 80er Synthie-Pop für die Generationen X-Z: „No, no you shouldn’t be enslaved by your mind. We fly like birds away. This is a song for the new generation setting sails. Love can open your soul. No one’s solo, no no no no. Let your heart be heard, open up your chest. Let love be free.“

Liss

Erlangten plötzliche Berühmtheit weil Pharrel himself einen ihrer Songs in seiner Radioshow droppte. Zu dem Zeitpunkt war das ein von zwei veröffentlichten Songs überhaupt. Danach ging es aber los. Sie spielten überall in Dänemark, kamen ins Ausland, wurden auf XL Recordings (The XX, Radiohead, Adele) gesignt und gelten seitdem als die R’n’B Sensation. Genau R’n’B aus Dänemark. Es groovt, es ist funky, Vocals die es sich im Gehörgang bequem machen. Es ist Retro (Prince wäre begeistert) es ist Modern (The Neptuns sind es schon), es kann fast alles. Dig it.

smerz

Diese beiden kommen zwar aus Norwegen, aber wir wollen mal nicht so sein. Sind sie doch in Kopenhagen ansässig und tief im elektronischen Milieu der Stadt verwurzelt. Ihre Tracks zieht es mit den tiefen Bässen deutlich richtung Dancefloor, was sie jedoch nicht daran hindert schöne Pophooks und ohrwurmtaugliche Refrains einzubauen. Es herrscht eine traditionell norwegisch kühle Grundstimmung, die nie eintönig und beliebig wird und auf clevere Art zu verführen weiß.

Yung

Der Name ist wieder mal Program. Die vier Jungs aus Århus, sind die Generation nach Iceage. Sie starteten im Hardcorebereich, kämpften sich hoch. Die Energie haben sie beibehalten, doch auch die Zweifel: I“’m not quite sure if I am blessed”. Heute machen sie Post-Punk. Jedenfalls Post-Punk aus ihrer Perspektive. Wütende Songs mit starker Produktion und diesem Gespür für Melodien, dass nur wenige in diesem Genre haben, aber dafür sorgt, dass die Lieder hängen bleiben.

gents

Wer noch vom 80er Pop noch nicht genug, ist beim Pop von Gents genau richtig. Zu ihren Neon-Synthie-Tracks kann man entweder Dancen oder Power-Yoga machen. Sänger Niels Juhl croont mit vornehmer Stimme, von Hell bis Dunkel, über die Keyboard Melodien des Synthiewizzards Theis Vesterløkke. Angereichert mit catchy Gitarrenhooks, Xylophon und Percussion kann man auf diesen Sounds wunderbar in die Nacht hinein tanzen und auch ganz lässig wieder hinaus.

Velvet volume

Drei Geschwister spielen knochentrockenen Rock’n’Roll. Ohne Bullshit, ohne doppelten Boden. Zu erst gehört auf einem Newcomer Festival. Man stand am Bierstand und plötzlich wehte ein Sound herüber, der nur einen Gedanken provozierte: WTF?! Auf der Bühne standen drei Mädchen zwischen 17 und 20 und bretterten drauf los, als gäb’s kein Morgen. Sie machen zusammen Musik seit sie 10 sind, und sind mit Anfang 20 eine der coolsten Bands der Scene. Das Debütalbum kommt im Oktober – bis dahin kann man lernen die neue Single nicht mit Queens of the Stoneage zu verwechseln.

Kvamie liv

Brach 2014 mit dem Track 5AM durch. Seitdem ging es nur Aufwärts. Ihr etwas düsterer electro-pop fußt im modernen R’n’B und lässt den frühen The Weeknd grüßen. Die Stimmenvergleiche mit Lana Del Ray sind auch nicht ganz von der Hand zu weisen. Kvamie, deren Wurzeln in Zambia liegen, weiß wie man Gefühle in Songs verpackt, so dass der Hörer es auch fühlen kann. Egal ob der Chill-faktor dafür in den Boden geht, oder das Tempo M.I.A-mäßig angezogen wird.

Sekuoia

Der 23 jährige Produzent Sekuoia ist schon seit ein paar Jahren, Singles und EPs fester Bestandteil der dänischen Elektroszene. Letztes Jahr kam der erste Longplayer auf dem es grundsätzlich housig-dubbig blubbert und schwingt, und zu passenden Zeiten mal Richtung Rave, mal Richtung Song ausschlägt. Sekuoia hat auf flac genügend feines Material sowohl für den Club- als auch für den Kopfhörergebrauch komponiert.

Iceage

Kein richtigen Newcomer, aber dafür mit jedem ihrer drei Alben einen Klassiker rausgeprügelt. Unter der Führung vom geheimnisvoll charismatischen Frontman Elias Bender Rønnenfelt, legte sie mit New Brigade ein brachiales Punk Debüt hin, das seines gleichen suchte. Da waren die Bandmitglieder zwischen 18 und 19. Nicht nur Europa wurde Aufmerksam, auch die USA (und mittlerweile auch der Rest der Welt), unter tatkräftiger Mithilfe von Pitchfork, kamen auch den Geschmack. Mittlerweile sind zwei weitere Alben erschienen, die ihnen nur noch mehr Anhänger bescherten, im Feuilleton wie in den Konzertsälen. Ihr Sound hat eine konsequente Entwicklung durchgemacht, so hat das Gefühl sie machen auf ihrem dritten Album die gleichen dringenden Lieder wie auf denen davor, nur sind sie technisch immer besser geworden. „I am plowing into the field of love/ They will place me in a hearse“ – der legitime Nachfolger von Nick Cave and The Bad Seeds. Auch hörenswert, das Nebeprojekt von Rønnenfelt, Marching Chuch.

S!vas

Sein Mix aus HipHop, Trap und eigenem Style hat in Dänemark das ganze Genre nachhaltig geprägt. Er ist eine Art dänischer Haftbefehl. Gebürtig aus dem Iran, ist Sivas Musik ist stark beeinflusst von modernem Amerikanischen Rap, Drogenhandel und dem Gangster-Sweet-Life. Auch mischt er die verschiedene Sprachen und Slangs seines Viertels und entwickelt daraus etwas ganz eigenes – er nennt es umgekehrte Integration. Seit seinem ersten Hit d.u.a.d.a. gehört zu den Größen im dänischen Rapgame.

fribytterdrømme

Unser +1 auf der Liste, um zu zeigen, dass nicht alle guten Bands in Dänemark auf Englisch singen. Dieses Bandkollektiv spielt einen wilden Psychrock’n’roll, mit dem sie sich schnell eine wachsende Fanschar erspielt haben, die besonders die furiosen Liveshows feiern. Drei Alben haben sie schon veröffentlicht, und mit dem letzten gar die Vinylcharts angeführt. Psychedelische Gitarren, treibendes Schlagzeug und spacige Texte. Sollte einen packen, auch wenn man nicht jedes Wort versteht.

Sollte man jetzt zu den ganz ausgeschlafenen first developeren gehören, kann man es gerne auf eigene Faust mit frischen Gruppen wie Lød, Modest, Code Walk, Anya, oder Noah Carter probieren. Und um skandinavische Necomer-Gerechtigkeit herzustellen: Konni Kass (Fæøer-Inseln), Pom Poko (Norwegen), Silvana Imam (Schweden), Reykjavíkurdætur (Island), Mikko Joensuu (Finnland).

2 Kommentare

  1. Ich feiere besonders die Jungs von Velvet volume. Habe ich das erste Mal in Berlin gesehen und war direkt begeistert von dem Sound.

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