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Lifestyle Travel 11. Februar 2018

Print reanimiert: das Surfmagazin PULK

„Print is dead“ heißt es. Für zahlreiche Magazine trifft das sicher zu. So wurde vor kurzem erst das legendäre „Surfers“ trotz monatelanger lebensverlängernder Maßnahmen nun doch eingeschläfert. Rest in Peace. Da blutet das Herz.

© Dan Petermann

Aber der Mensch wäre ja nicht Mensch, wenn er nicht immer wieder versuchen würde, sich dem Tod entgegenzustellen. So auch die Jungs von BINSURFEN, die mit „Pulk“ den Defibrillator voll aufladen und mit voller Wucht auf den dahinsiechenden Organismus Print knallen. 

Und plötzlich ist er wieder da. Der Pulsschlag, der das Leben transportiert – und zwar bis in die kleinsten Zellen des Papiers. „Pulk“ steckt voller Leben. Und das auf über 224 Seiten. Authentisch, fern von Klischees. Fern von Traumstränden, mit denen Surfen gewöhnlich assoziiert wird. 

Auf einem Trip, den Normalsterbliche ganz sicher nie auf ihre Bucket-List setzen würden, hauchen die Jungs selbst einer scheinbar leblosen Region wie der Ostsee enorm viel Seele ein. Von wegen beautiful sunsets, sexy Bikini-Girls und all die Stereotypen, die die Werbung derzeit für sich beansprucht – hier regiert der Underground.

© Felix Gänsicke

Hier spürt man die Kälte von Ländern wie Litauen, Polen und Russland. Das Karge ist omnipräsent. Bröckelndes Mauerwerk statt Palmen. Mit Panzertape geflickte Motorhauben statt stylischer Beach-Cruiser. Motorenöl statt Kokosöl. Und trotzdem wird einem warm ums Herz bei Protagonisten, die Namen wie Ivan, Kirill oder Leonid tragen. Wie sie täglich alles dafür tun, nur um eine gute Zeit im Wasser zu verbringen. Egal wie die Bedingungen sind. Egal was andere denken. Der Surf-Alltag in diesen Regionen: ein einziges Experiment. 

So auch „Pulk“. Der Wälzer als Collage.

© Felix Gänsicke

Hier trifft Erlebnisbericht auf gescannte 35mm Negativ-Streifen. Illustration auf Fotografie. Kurz: nicht ein Quadratmillimeter Papieroberfläche wird vom Indie-Spirit verschont. Man spürt das Handgemachte auf jeder Seite. Den Punk, der auch im Feature des Fotografen Donato Di Camillo aufblitzt. Wie er den soziologischen Blick eines Martin Parrs mit den kreischenden Farben eines David La Chappelle zu einer Einheit verschmilzt.

Das macht alles unglaublich viel Spaß und zeigt: das wahre Leben spielt sich noch immer dort ab, wo man es am wenigsten erwartet. Lang lebe „Pulk“.

© Felix Gänsicke

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Ein Gastbeitrag von Thomas Zielinski (Get Wet Soon)

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