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Feuilleton Literatur Musik 28. Januar 2015

11 Fragen an PeterLicht

Augsburg: meine Heimatstadt. Und was hat das bitte mit PeterLicht zu tun, der in Köln lebt? Eigentlich gar nichts. Nur soviel, dass er am 31.01.2015, also den kommenden Samstag im Rahmen des Brechtfestivals im Augsburger Theater auftritt. So weit, so gut.

„Immer wieder gelingt es dem Musiker, Autor und Theatermacher, komplexe Themen überzeugend in wunderbare Beatlesinspirierte Indie-Popsongs zu kleiden und dem Zeitgeist einen utopischen Gesellschaftsspiegel vorzuhalten. Reflektiert, musikalisch elegant und einnehmend in Szene gesetzt, präsentiert PeterLicht Lieder vom Ende des Kapitalismus über das Sonnendeck bis zu Ende der Beschwerde – Pop und Poesie gehen selten eine so gelungene Verbindung ein.“ Diese Zeilen stehen im Programmheft des Brechtfestivals.

Ich wollte aber „mehr“ wissen und habe dem Pop-Poeten PeterLicht 11 Fragen gestellt. Wie immer: einfach so.

Augsburg oder München?

PL: Paderborn

Michel Foucault oder Roland Barthes?

PL: Ribéry

Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang?

PL: Ganz klar: Sonnenuntergang.

Du arbeitest ja bekanntlich gleichermaßen in den Bereichen der Literatur und bildenden Kunst, sowie dem Indiepop und Theater. Ganz schön viel zu tun, oder? Wie kann man sich deinen Tagesablauf vorstellen?

PL: Aufstehen, Zähneputzen, Rechnungen aus dem Briefkasten holen, Zur Bank fahren, Auszüge ziehen, Überweisungen machen, nach Hause fahren, Steueridentifikationsnummer anfordern, Belege für Umsatzsteuervoranmeldung zusammensortiern, zum Steuerberater fahren, Zettel übergeben, Rechnung im zugeklebten Umschlag vom Steuerberater direkt nach Beendigung des Besuchs in die Hand gedrückt bekommen, damit der das Porto spart, Gedanken über die Gebührenhöhe, den geschlossenen Umschlag in der Hand haltend, draußen nach Verlassen der Steuerberatergeschäftsräume Brief aufreißen und Brief in die Manteltasche knüddeln, eskapistisch Träumereien über die Möglichkeit, die Umsatzsteuervoranmeldung demnächst selber zu machen, darüber ein unangenehm asexuelles  Gefühl kriegen, unschlüssig sein, aufkeimende Hungersignale, Kohldampf, Mittagessen, Zähneputzen in Erwägung ziehen, aber feststellen kein mobiles Zahnputzzeug dabei zu haben, Kauf eines portablen Zahnputzsets in Erwägung ziehen, ins Büro gehen, Lovesong schreiben, aufs Klo gehen, dort altes Stadtmagazin lesen, Klopapier in Rollenhalter spannen, 5 Uhr Tee einnehmen mit Blick über die Dächer der Stadt, Glücklich fühlen, Altpapier runterbringen, Plastikmüll finden im Altpapier, Suizidgedanken bekommen, Sachen packen, nach Hause fahren auf Radweg neben Umgehungsstraße, auf dem Fahrrad Lovesong mit weiterer Strophe brüllen weil so laut, nach Hause kommen, Jacke, Tasche pipapo in den Flur schmeißen, Abendessen: nur Schafskäse, Zähneputzen, ins Bett, nicht einschlafen können, dann doch einschlafen können, unbewusst sein

„An kaum einem deutschsprachigen Pop-Künstler kann man so gut ablesen, wie die Spannungen der Gegenwart
durch Individuum, Kunst und Gesellschaft rauschen“, schrieb jüngst Die Zeit. Klingt toll. Aber wie würdest Du deine künstlerische Arbeit beschreiben? Journalisten neigen ja doch hin und wieder zu Überinterpretationen. Vor allem, wenn es um Musik, Literatur und Kunst geht?

PL: Das ist ja unser aller Aufgabe: zu etwas zu neigen.

Ende Januar, genauer am 31.01.2015 kommst Du im Rahmen des Brechtfestivals wieder nach Augsburg. Was verbindest Du mit Augsburg?

PL: Steine

„Das Schicksal des Menschen ist der Mensch.“, schrieb Bertolt Brecht. Würdest Du das unterschreiben?

PL: Ich würde sagen: Gut gebrüllt, Löwe.

Wann ist der Kapitalismus endlich am Ende?

PL: Morgen

Dein neues Live-Album und Buch „Lob der Realität“ hast Du mit Hilfe von Crowdfunding finanziert. Erzähl mal bitte, wie das alles gekommen ist.

PL: Kein Geld. Wuselwusel. Geld.

„Sonnendeck“ ist ein ziemlicher Ohrwurm. Wie findest Du eigentlich die Helene Fischer? Ist das POP?

PL: zu erstens: Ich finde sie nicht. Zu zweitens: Alles ist Pop. CDU ist Pop.

Du warst ja schon mal auf dem Brechtfestival: wie war die Stimmung? Wird es dieses Jahr anders werden? Und gehen wir nach deinem Auftritt noch ein Bier trinken?

PL: Ja wir trinken.


Und was hat es mit dem Brechtfestival auf sich?

Brecht schrieb 48 Stücke, über 2300 Gedichte, über 200 Erzählungen und drei Romane. Dennoch ist er als Künstler nicht einfach der Kategorie „Dichter“ zuzuordnen. Brecht war als Künstler Universalist, der alle neuen Möglichkeiten der Ästhetik der Avantgarde erprobte – und dies genreübergreifend vom Theater über die Lyrik bis hin zum Hörspiel oder den Film. Sein ausgesprochenes Ziel war es, die bisherigen Grenzen der Künste zu überschreiten, sie mit den Kategorien der Veränderung und der Veränderbarkeit zu verbinden sowie im Zusammenspiel der verschiedenen Künste neue künstlerische Vielfalt zu erschließen. Er schuf neue Genres und führte neue mediale Techniken in die Künste ein, die – ebenso wie Brechts universelle Themen – bis heute von höchster Aktualität sind.

Diesen folgenreichen Neuerungen Brechts spürt das BRECHTFESTIVAL AUGSBURG nach. Unter der künstlerischen Leitung von Dr. Joachim A. Lang wurde in den Jahren 2010 bis 2012 das überkommene Brechtbild von Brechts Geburtsstadt aus an Hand von drei Schwerpunkten auf den Prüfstand gestellt. Mit den Themen Film (2010), Musik (2011) und Politik (2012) wurden die unbekannten Seiten Brechts zugänglich gemacht. Seit 2013 widmet sich das BRECHTFESTIVAL AUGSBURG intensiver dem dichterischen und dramatischen Werk des Autors. Mehr als 52.000 Zuschauer besuchten das Brechtfestival seit 2010. Die Medienresonanz konnte von Jahr zu Jahr gesteigert werden und erreichte 2014 ihren vorläufigen Höhepunkt mit Beiträgen in der bundesweiten (u.a. FAZ, SZ, 3Sat, ARD) und internationalen (u.a. ORF) Presse.

2015 wird sich das Festival nun dem Thema „Exil“ widmen. Nach dem Thema „Der junge Brecht“ (2013) lag 2014 der Schwerpunkt auf den „20er Jahren“.

Die Beschäftigung mit Brecht kann und soll Spaß machen, denn: „Ein Theater, in dem man nicht lachen kann, ist ein Theater, über das man lachen soll.“ (Quelle: Brechtfestival)

Ich freue mich schon sehr auf das Brechtfestival und PeterLicht. Und das Augsburg seit Jahren so ein tolles Festival auf die Beine stellt. Ein Grund ein bisschen stolz auf seine Heimatstadt zu sein. Das Festival geht bis zum 10.02.2015. Hier geht es zum vollständigen Programm. Und übrigens: Brecht hat nie behauptet, dass das Beste an Augsburg der D-Zug nach München sei.

 

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