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Feuilleton Musik 10. Januar 2016

11 Fragen an Antilopen Gang

Zugegeben: Ein bisschen nervös war ich schon. Denn als ich an diesem nebelverhangenen Samstag den Backstage-Bereich der Ravensburger Oberschwabenhalle betrat, warteten dort die Rapper der Antilopen Gang auf mich: Koljah, Danger Dan und Panik Panzer. Die drei gehören mit ihren anspruchsvollen Samples sowie kritisch-humorvollen Texten zum so ziemlich Besten was deutschsprachiger Hip Hop aktuell in petto hat. Ihr letztes Album Aversion erreichte Platz 41 der deutschen Album-Charts, erntete durchwegs gute Presse und wurde mit dem New Music Award 2015 ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlichte die Band ihr Mixtape Abwasser als Free Download. Wie sein Vorgänger ist dieses voll von klug-pointierten Gesellschafts- und Szene-Betrachtungen wie beispielsweise dem herrlich ironischen Leben eines Rappers. Demnach gelten die Musiker auch in Interviews als anspruchsvolle Gesprächspartner. Umso mehr freuten wir uns, dass sich die Antilopen vor ihrem Auftritt auf dem 47 Grad Festival für unsere 11 Fragen Zeit nahmen und mehr zu sich und ihrer Musik verrieten.

NWA oder Nirvana?

Danger Dan: Nirvana.

Koljah: NWA.

Panik Panzer: NWA.

Komödie oder Tragödie?

Koljah: Tragödie.

Panik Panzer: Tragödie. Wenn ich einen Film sehen will, suche ich als erstes nach Drama. Ich mag Dramen.

Danger Dan: Ich halte mich da raus.

Superman oder Batman?

Koljah: Batman. Scheiß Superman, Batman ist der King.

Panik Panzer: Ich mag die Batman-Filme. Auf jeden Fall Batman.

Danger Dan: Batman!

Panik Panzer, Danger Dan & Koljah - v.l.n.r. (c) Thomas Schermer
Panik Panzer, Danger Dan & Koljah – v.l.n.r. (c) Thomas Schermer

Antilopen sind in der Savanne ja eher die Opfer. Warum habt ihr euch im Alpha-Tier-Business Hip Hop für dieses Wappentier entschieden?

Danger Dan: Wir sind Opfer. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Wir sind eine kleine Opfer-Bande. Das wäre nicht authentisch, wenn wir uns etwa die „Löwen Gang“ nennen würden. Wir sind tatsächlich eher grasfressende, kaputte Nichtsnutze, die in der Nahrungskette recht weit unten angesiedelt sind.

Panik Panzer: Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich kein Gras fresse und auch nicht rauche. Ich hab mit Gras nichts am Hut. Aber ich finde es auch ok, ein Opfer zu sein.

Anti-Lopen da steckt das Dagegen ja schon im Namen. Gibt es auch etwas für das ihr ganz pro eingestellt seid?

Koljah: Ich bewundere viele Männer. Das sind dann meistens Rocksänger, die mich faszinieren – so bestimmte Typen wie beispielsweise Johnny Rotten oder Kurt Cobain.

Panik Panzer: Ich finde auf jeden Fall das Internet und Smartphones gut.

Danger Dan: Ich steh auf Facebook. Obwohl ich sehr lange gebraucht habe, mich da anzumelden. Unerklärlicherweise fand ich das Medium erst komisch. Jetzt lese ich den ganzen Tag Facebook, indem ich Seiten empfohlen bekomme oder sehe, was meinen Freunden gefällt. In diesem Sinne viele Grüße an Herrn Zuckerberg und Glückwunsch zur Geburt des Kindes. Ich habe auch auf Facebook gelesen, was er mit seinem Vermögen macht und wir würden gerne einen Antrag stellen, als Band daran beteiligt zu werden.

Panik Panzer: Übrigens: Wir hätten gerne den blauen Haken, Herr Zuckerberg. Das kann nicht wahr sein, wer den alles hat. Nur wir nicht.

In einem eurer Texte heißt es: „Ihr seid 80 Millionen, die man abschlachten muss.“ Wen meint ihr damit?

Koljah: Das deutsche Volk als Idee. Das ist ein Problem. Leute, die sich dazu bekennen sind dann ebenfalls problematisch. Das geht ja mit bestimmten Wertvorstellungen und Inhalten einher. Deutscher Nationalismus definiert sich über Abgrenzung. Da muss es immer ein Gegenvolk geben. Diese deutsch-nationale Idee wollen wir abschlachten. Auch darf man nicht vergessen, dass die „deutsche Idee“ bereits mit Gewalt beendet werden musste – nämlich 1945 durch die Alliierten. Die Deutschen haben im Nationalsozialismus auf die Spitze getrieben, was deutsch sein bedeutet. Mit Pazifismus wäre man hier wohl nicht weit gekommen.

Danger Dan: Generell hasse ich Schlachten und Schlächter. Gestern waren wir beispielsweise in den Alpen unterwegs. Da musste ich spontan an Hannibal und seine Elefanten-Gang denken. Diese zogen damals gegen Rom in die Schlacht und wurden bestialisch abgeschlachtet. Eine widerliche Vorstellung. Deshalb kann ich das Abschlachten einer Idee allein schon aus ästhetischen Gründen viel eher begrüßen.

Antilopen Outlaws (c) Thomas Schermer
Antilopen Outlaws (c) Thomas Schermer

Was inspiriert eure Songs?

Danger Dan: Da gibt es nichts Konkretes. Alle Lieder haben ihre eigene persönliche Geschichte. Oft geht es da auch um gar nichts Bestimmtes. Wir hängen einfach viel auf einander rum und machen Quatsch. So gibt es viele Songs von den Antilopen, die ziemlich sinnbefreit sind wie etwa „Schade, schade Marmelade.“ Für Samples finde ich allerdings YouTube eine unglaublich spannende Inspirationsquelle. Ich klicke mich dann so durch und speichere alles ab, was mir gefällt. Irgendwann habe ich dann eine große Sample-Library zusammen, aus der ich mich dann später einfach bedienen kann.

Die Themen Tod und Depression finden auf eurem aktuellen Album „Aversion“ bemerkenswert oft Erwähnung. Warum sind euch diese Themen wichtig?

Danger Dan: Wir waren mal zu viert. Im Jahr vor „Aversion“ hat sich unser Band-Mitglied NMZS das Leben genommen. So kamen wir um diese Themen gar nicht herum. Daraufhin habe ich mich noch mal mit unseren alten Texten beschäftigt und festgestellt, dass diese Themen – wenn auch stärker ironisch ausgeprägt – immer schon angelegt waren. Für die letzte Platte waren das aber definitiv zentrale Themen. Dennoch denke ich, dass wir eine sehr lebensbejahende Platte gemacht haben, die auch zeigt, dass wir das Leben genießen und Spaß daran haben.

NMZS habt ihr auch eure aktuelle Platte gewidmet. Wie würde er wohl die neue Antilopen Gang finden?

Panik Panzer: Das Ding ist, wir haben ja immer schon in unterschiedlichen Konstellationen Musik gemacht. Das heißt: Die Musik war schon immer anders und abwechslungsreich. NMZS wäre das also gewohnt, dass unsere Musik in dieser neuen Kombination auch anders klingt. Wäre er noch dabei, wäre unsere Entwicklung aber vermutlich eine andere. Alles in allem ist es aber auch egal, ob ihm das jetzt gefallen würde, was wir machen oder nicht. Es ist wichtig, dass es uns gefällt und wir das Beste aus der neuen Antilopen-Gang rausholen.

Bei „Déjà-Vu“ beschreibt ihr das Phänomen der sogenannten Alltagsdepression? Euer Anti-Depressions-Tipp?

Panik Panzer: Duschen ist gut. Wenn ich mal lethargisch bin oder einen Durchhänger hab, ist diese Phase mit dem ersten Duschen meist beendet.

Danger Dan: Ich war gerade in der Sauna um die Ecke. Nacktheit und Hitze hilft.

Koljah: Als Lebensberater eignen wir uns nur mittelmäßig. Aber eins ist klar: Kiffen ist beispielsweise bei Depressionen nicht zu empfehlen. Also ganz klassisch: Finger weg von Drogen – mein Lebenstipp, den ich allen gerne mit auf den Weg gebe.

Und zum Schluss: Was kommt als nächstes?

Danger Dan: B-Version? Wer weiß. Erstmal spielen wir die Tour zu Ende und dann wäre Urlaub sehr schön.

Koljah: Natürlich nehmen wir weiterhin ständig Musik auf. So haben wir kurzem noch „Abwasser“ nachgeschoben – ein Free-Download-Album. Bis zur nächsten Antilopen-Platte kann man sich damit ganz gut über Wasser halten.

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